LISTEN DER HERZEN
Der Bosnienkrieg veränderte auch Österreich. Eine Ausstellung erzählt vom Abschied und der Ankunft
Als Radmila Erceg noch einmal in ihr Haus in Bosnien ging, riskierte sie ihr Leben. Serbische Freischärler bedrohten alle, die sich weigerten, ihre Heimat zu verlassen. In der Hand hielt sie einen Zettel, auf den ihr Mann unter anderem notiert hatte: Videokassetten, Eigentumsbestätigung für Haus in Sarajevo, Fotoalben. Die Liste hat Erceg, die bis zu ihrer Pensionierung in Wien als Pädagogin tätig war, aufbewahrt. In der Ausstellung "Nach der Flucht" in der Wiener Hauptbücherei symbolisiert das Dokument Krieg und Vertreibung. Die Notiz beantwortet auch die Frage, was im Leben zählt: Erinnerung.
Am 21. November 1995 endete mit dem Abkommen von Dayton nach dreieinhalb Jahren der Bosnienkrieg. Fast 100.000 Menschen starben, Millionen flüchteten oder wurden vertrieben. Wien spielte dabei eine wichtige Rolle, denn die Stadt nahm die meisten der 85.000 Flüchtlinge auf, die in Österreich landeten; zwei Drittel von ihnen blieben.
Vida Bakondy und Amila Širbegović kuratierten im Auftrag