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Enthusiasmus Kolumne der Superlative
Meine Mutter war Ärztin auf dem Lande, und deshalb durfte ich keine Pilze sammeln und nie ein Motorrad haben. Meine Mutter musste nämlich am Wochenende entweder Pilzesammler zum Magenauspumpen überweisen oder Motorradfahrer wiederbeleben. Soferne das noch möglich war.
"Ich fahr' mit dir auf die Unfallabteilung zu den Organspendern", sagte sie, wenn ich wieder einmal ein Moped wollte, so wie meine Freunde, die als Mods verkleidet mit ihren auffrisierten Vespas von Eichgraben zur Kennedybrücke und wieder zurück tuckerten.
Ich war da nie dabei, ich musste stinkende Züge nehmen, die man "Pendler" oder "Beschleunigte" nannte und in denen man wenigstens rauchen durfte. Der Traum vom selbstfahrenden Zweirad blieb stets unerfüllt. Nur einmal versuchte ich heimlich Moped zu fahren, in Griechenland. Natürlich prackte es mich am Schotter hin, die Knie waren blutig, und Mutter sagte: "Da siehst du's!"
All das kam mir in den Sinn, als ich vergangene Woche zum ersten Mal mit Wheels durch Wien fuhr. Wheels sind kleine Elektromopeds, die man um wenige Euros per App leihen kann, die überall in der Stadt herumstehen, aber, anders als die Roller, rücksichtsvoll abgestellt sind (man muss den Standort fotografieren und zahlt zehn Euro, wenn man falsch parkt).
Ich borgte mir also ein Wheel und sauste auf einem "Moped" dahin. Das erste Mal seit fast 30 Jahren. Ich fühlte mich wie die Kumpels, die sich auf den Weg zur Kennedybrücke machten, wie die Dorfjugend, die durch Eichgraben zu den Mädels knatterte. Wow.
Wheels sind für jene, die nie Moped fahren durften, ein kleiner Hauch von Freiheit ohne Anstrengung. Sagen Sie es aber nicht meiner Mutter.