Der stille Rassist in uns
Was passiert, wenn man Menschen willkürlich stigmatisiert? Der ORF hat ein bekanntes Experiment wiederholt – und dokumentiert

Am 13. September wurde das Rassismusexperiment in einem ORF-Studio aufgezeichnet, 15 Teilnehmer waren dabei (Foto: ORF)
Wien, 1998, eine Wiener Mittelschule. Filloreta hat ihren Radiergummi vergessen. „Warum bist du so undiszipliniert?“, schreit ihr Klassenvorstand. Er nimmt ihr Schreibheft und wirft es auf den Boden. Filloreta ist zehn Jahre alt und gerade in der ersten Klasse angekommen. Im nächsten Schuljahr schreibt sie absichtlich fünf Fetzen, sie weiß, dass sie dann durchfällt. Das Jahr zu schaffen ist ihr einerlei, diesen Lehrer loszuwerden wichtig.
„Bei den anderen, den österreichischen Kindern war es egal, wenn die ihre Sachen vergessen“, sagt Filloreta. Es ist Oktober 2020, Filloreta ist 33 Jahre alt, lebt in Wien und arbeitet als Zahnarztassistentin. Ihr Blick ist entschlossen, fast wütend. Sie erzählt davon, dass es damals in der Schule fast jede Woche zu so einem Zwischenfall kam. „Er war Rassist,“ sagt sie über ihren Lehrer. Filloreta kommt im Jahr 1991 aus dem Kosovo nach Wien. Obwohl sie hier aufgewachsen ist, erlebt sie fast täglich Rassismus. Deshalb hat sie sich lange ohnmächtig gefühlt.