P'AM
1070 Wien, Kirchengasse 17
derzeit geschlossen
Foto: Katharina Gossow
Gibt es Kombinationen von Speisen und Getränken, die unweigerlich zusammengehören? Schwer zu sagen, geschmackliche Harmonien sind eine Frage der sozialen Prägung, dennoch würde ich behaupten, dass ein Gulasch und ein Märzenbier symbiotisch sind. Oder Austern und weißer Bordeaux oder Tacos und mexikanisches Bier oder saure Wurst und ein Weißer Gspritzter.
Und wie sieht es mit Bagel und Kaffee aus? Weiß nicht. Also eher schlecht, würde ich sagen. Kaffee ist generell eine mäßige Getränkebegleitung, bitter, röstig, cremig, nicht umsonst trinkt man ihn in zivilisierten Ländern nach dem Essen. Das, was Bagel und Kaffee gemeinsam haben, ist New York. Konkret war es dort – wie auch im Rest der USA – bis vor 25 Jahren üblich, dünnen Kaffee gegen den Durst zu trinken, also auch zum Bagel. Die Kombination wurde gemeinsam mit Pastrami-Sandwich und Hot Dog zum Inbegriff der New Yorker Snack-Kultur.
Das P‘AM in der Kirchengasse fällt momentan auf. Erstens, weil das junge Lokal nämlich das einzige in der sonst mit Lokalen ja quasi gepflasterten Straße ist, wo sich was tut. Der überdachte Schanigarten ist zwar gesperrt, aber es gibt da einen recht großzügigen Outdoor-Bereich vor dem Lokal, in dem Punsch ausgeschenkt wird, und zahlreiche Kuchen und Kekse prangen da in Gläsern und unter Glocken. Und zweitens der falsche Apostroph. Wenn er dazu dienen soll, Aufmerksamkeit zu erzeugen und sich schmerzhaft ins Auge zu brennen – gelungen!
Der Name soll verdeutlichen, erklärt Damla Örme, dass man hier tagsüber Café und Bistro ist und dass sich das Konzept gegen Abend hin in eine Bar verwandelt, also eine Verballhornung von am/pm. Frau Örme hat Ernährungswissenschaften studiert, ihre Eltern betreiben seit 40 Jahren einen Imbiss, weshalb Geschmacksverstärker Hausverbot haben und möglichst viel selbst gemacht wird. Ihr Mann Yigit Örme hat Gastronomie-Erfahrung und eine Leidenschaft für Kaffee, Selberrösten war geplant (daher auch der Untertitel „roastery“), klappte dann aber irgendwie nicht, weshalb man sich die Bohnen nun nach eigener Rezeptur bei einer Rösterei im dritten Bezirk auf Farbe bringen lässt.
Im Gegensatz zu den Kuchen und Kekserln werden die Bagels lohngebacken, was weniger ein Problem ist als die Tatsache, dass sie halt nur mit Creamcheese oder Hummus gefüllt werden. Und das ist irgendwie ein bisserl zu wenig (€ 5,– mit einem Becher Kaffee). Pasta wird in großen Bechern verkauft, keine schlechte Idee, aber auch hier fehlt ein bisschen der Witz, Spirali mit Tomatensauce ein bisschen Rucola, zwei geviertelten Kirschparadeisern und einem Baby-Mozzarella (€ 3,90) – bei Hochnebel und Lockdown brauchen wir bitte etwas mehr Input. Dennoch danke, dass ihr überhaupt offen habt.
Resümee:
Der Traum von der großen, weiten Welt – eigener Kaffee, Bar mit eigenen Sirupen, gesundes Frühstück – in einem kleinen Lokal.
P’AM, 7., Kirchengasse 17, Tel. 0660/737 77 61, tägl. 9–20 Uhr