Der tragische Held
Helden zu finden im Jahr 2020 fällt schwer. Unsere Wahl fiel auf Rudolf Anschober, den Gesundheitsminister. Fürs Fehler zugeben, Haltung zeigen und sein Durchhaltevermögen. Das Porträt eines Grünen, der in der Realität ankommt

Foto: Christopher Mavrič
Es wird schon einen Grund haben, warum Gesundheitsminister Rudolf Anschober sich genau zwei Zeitungsseiten einrahmen hat lassen. Auf dem einen Bild ist er auf der Titelseite des Falter zu sehen, gekürt zum „Menschen des Jahres 2018“. Es hängt, gleich wenn man in sein Büro kommt, rechts an der Wand. Wenn Anschober an seinem Schreibtisch sitzt, hat er es direkt vor sich. Jeder, der bei ihm einen Termin hatte und sich zum Gehen wendet, bemerkt es spätestens dann. Mensch des Jahres 2018, gekürt vom Falter, der Ritterschlag zum Gutmenschen.
Auf dem anderen Bild sieht man eine Titelseite und eine Seite Drei der Süddeutschen Zeitung von Anfang 2019. Anschober steht breitbeinig auf der Straße, die Hände trotzig verschränkt. Darunter der Titel: „Die Ein-Mann-Opposition“. Es ist eine Hymne auf ihn und seine Integrationspolitik als oberösterreichischer Landesrat. „Der Grüne Rudi Anschober zeigt, dass man dem allgegenwärtigen Populismus in Österreich durchaus etwas entgegensetzen kann. Und zwar: Haltung“, steht im Vorspann. Dieses Bild hängt nicht, sondern lehnt am Boden. Für manch türkisen Regierungskollegen wäre es wohl zu viel der Provokation.
Das ist Anschober, wie er und seine Fans ihn am liebsten sehen. Als Kämpfer für seine Bewegung „Ausbildung statt Abschiebung“, als Politiker mit dem langen Atem, der gegen den Rechtsruck in der damaligen türkis-blauen Flüchtlingspolitik kämpft.