Wieder gelesen
Bücher, entstaubt
Foto: Christopher Mavrič
Für die Pressefotos im Bundeskanzleramt posierten die drei Frauen und zwei Männer am Montag in weißen Arztkitteln: Die wissenschaftliche Vorsitzende des Nationalen Impfgremiums, der Rektor der Medizinischen Universität Wien, eine Allgemeinmedizinerin aus der Steiermark, ein Tropenmediziner und eine Arbeitsmedizinerin. Ihre Namen: Ursula Wiedermann-Schmidt, Markus Müller, Reingard Glehr, Herwig Kollaritsch und Eva Höltl. Sie sind die Gesichter der Kampagne „Österreich impft“ des Roten Kreuzes. Ihr Auftrag: möglichst viele Menschen aufzuklären und für eine Corona-Impfung zu gewinnen.
Eigentlich hätten sie das bereits vorige Woche tun sollen. Die Präsentation musste verschoben werden. Am letzten Donnerstag, mitten im „Impfchaos“, hätte ihnen ja doch keiner zugehört. Denn der Impfstart, der Zuversicht in die lockdowngebeutelten Haushalte hätte bringen sollen, der als Auftakt zu einer neuen Normalität irgendwann ohne Masken, ohne Einschränkungen gepriesen wurde, er geriet zur undurchsichtigen Farce. Elf Monate nach Beginn der Pandemie kann deren Wucht oder Unvorhersehbarkeit nicht mehr als Erklärung dienen.
Auf die Operation Impfen hätte die Regierung seit Monaten hinarbeiten können. Trotzdem sind mehr Fragen offen als beantwortet. Warum dauert das alles so lange? Warum wurden in Österreich Anfang Jänner über 120.000 Impfungen nicht sofort verimpft wie in anderen Ländern? Wieso meldeten sich Alters- und Pflegeheime, in denen die gefährdetsten Menschen sitzen, so schleppend für die Impfung an? Wieso blieben die Feiertage ungenützt? Und vor allem: Wer ist im Dickicht der föderalen Gesundheitsverwaltung verantwortlich? Kanzleramt, Gesundheitsministerium, Landeshauptleute, Pflegeheimchefs vor Ort? Oder war alles nur ein Sturm im Wasserglas?