Stadt der Toten, Stadt der Lebenden
Rainer Krispel ist Punk, Musiker und Autor - und jetzt auch Trauerredner
Seit ein paar Wochen trägt Rainer Krispel einen Kamm bei sich. Er hat immer noch in Erinnerung, wie er sich als Jugendlicher auf der Autofahrt mit seiner Mutter gestritten hatte, als sie zum Begräbnis der Großmutter gefahren waren. Krispel war in "leicht kultivierter Punker-Tracht", also auch ungekämmt, erschienen, wie er erzählt. "Das hat meine Mutter erbost, was ich heute durchaus verstehe."
Heute will Krispel auf Begräbnissen niemanden mehr provozieren. Im Gegenteil. Er will als Trauerredner die Angehörigen der Toten dabei unterstützen, durch die schwere Zeit zu kommen. Dafür kämmt sich auch ein Punk.
Schwarzes Sakko, schwarze Hose. Krispel kommt gerade vom Hernalser Friedhof. Sieben Menschen hat er diese Woche schon verabschiedet, sieben Reden geschrieben, sich in sieben Biografien hineinversetzt und den Erzählungen der Angehörigen gelauscht. Schließlich entsteht ein Text, in dem Krispel das Leben des Verstorbenen für die Angehörigen noch einmal fassbar machen, es in seiner Einzigartigkeit und Wichtigkeit erzählen will.