DIE BÖSEN FREMDEN
Invasive Arten bringen die heimische Natur und Landwirtschaft unter Druck. Jahrelang brauchte Österreich, um einen schädlichen Käfer zu tilgen. Nun erobert die nächste Art das Land im Fluge
Michael Bruckner kennt in seiner Gemeinde jeden Verteilerkasten (Foto: Simone Brunner)
An schlechten Tagen kann Michael Bruckner nicht einmal ein Bild hochladen oder einen Begriff im Internet suchen. Geschweige denn ein Video auf Youtube anschauen oder einen Film auf Netflix streamen. Seine Schwester, die an einer Fachhochschule in Niederösterreich studiert und seit dem Vorjahr im Distance-Learning ist, fällt regelmäßig aus ihren Onlinevorlesungen. Für seinen Bruder kam das in der Pandemie verordnete Home-Office erst gar nicht infrage. Weil die Internetleitung zu schwach ist.
Tollet, ein 940-Einwohner-Dorf im oberösterreichischen Bezirk Grieskirchen. Bunte Einfamilienhäuser sind wie Würfel über die sanften Hügel des Hausruckviertels ausgestreut, dazwischen Felder, Obstbäume, Wanderwege. Wenn der 22-jährige Bruckner durch seine Siedlung geht, das rustikale Holzhaus seiner Eltern auf der einen, den Bauernhof seines Onkels auf der anderen Seite der Hauptstraße, dann kennt er hier jedes Schild, jeden Baum und jede Laterne. Aber auch jeden Verteilerkasten und jedes Abwasserrohr. Wenn es nach ihm geht, dann steht und fällt das Glück seiner Heimatgemeinde nicht etwa mit der Ernte der lokalen Bauern oder der Auftragslage der nahegelegenen Industriebetriebe und Gewerbeparks. Sondern mit dem FTTH-Anschluss, „fibre to the home“, zu Deutsch: „Glasfaser bis zur Wohnung“, tief drinnen im Erdreich der Gemeinde.
Seit einigen Jahren setzt sich der Installateur für einen schnellen Internetanschluss über Glasfaserkabel ein. Er ging von Haus zu Haus, um Unterschriften zu sammeln, setzte Beamte in der Landesregierung in Linz auf seinen Fall an und telefonierte sich bis zu Nationalratsabgeordneten durch. Vergeblich.