„Biobauern sind übervorsichtig“
Der streitbare Agrarforscher Urs Niggli über die Grenzen der Biolandwirtschaft, darüber, warum Kühe Schweinen vorzuziehen sind und wie man zehn Milliarden Menschen sattbekommt

Foto: Samuel Schalch
Macho-Landwirtschaft“ nannte Urs Niggli später das, womit er sich als junger Agrarwissenschaftler befasste: Da beforschte der Schweizer nämlich Unkrautvernichtungsmittel. Er war fasziniert davon, dass man einfach nur, zack!, etwas raufspritzt, und schon schien das Problem gelöst. Doch dann wechselte Niggli die Seiten, 30 Jahre lang hat er das Schweizer Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) geleitet und groß gemacht. „Biopapst“ nennen ihn manche. In den letzten Jahren ließ er damit aufhorchen, dass er sich gegenüber der neuen Gentechnik aufgeschlossen zeigte und die Biokollegen aufforderte, sich ebenfalls Innovationen mehr zu öffnen. Er ist Mitglied des Wissenschaftlerrats für den UN-Welternährungsgipfel, der im Herbst in New York stattfindet. Auch in seinem kürzlich erschienenen Buch „Alle satt?“ befasst er sich mit der Frage, wie wir die für das Jahr 2050 prognostizierten 9,7 Milliarden Menschen sattbekommen sollen.
Falter: Herr Niggli, Sie haben über Jahrzehnte den Biolandbau beforscht, doch anders als manch andere Biovertreter sagen Sie: „So wie der Biolandbau heute funktioniert, eignet er sich nicht, um das Problem der globalen Ernährungssicherheit auf nachhaltige Art zu lösen.“ Warum denn nicht?
Urs Niggli: Die biologisch-dynamische Landwirtschaft wird in zwei Jahren 100 Jahre alt, die organisch-biologische wird 80. Global gesehen machen diese beiden Formen 1,5 Prozent der Landwirte und des bewirtschafteten Landes aus. Wenn das Konzept grundsätzlich stimmig wäre, hätte sich das schon lange durchgesetzt. Ich sage das nicht naiv, ich weiß, dass es natürlich auch andere, wirtschaftliche Interessen gibt.