Das zarte Pflänzchen Zukunft
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Enthusiasmus: Kolumne der Superlative
Es stimmt schon, die kanadische Elektropop-Musikerin Peaches ist ein one-trick pony. Allerdings ist der Schmäh, den sie kultiviert hat, so gut, dass er auch mehr als 20 Jahre nach seinem Einschlag in der fiebrigen Berliner Popkultur der Jahrtausendwende noch Spaß macht.
"Lovertits" und "Fuck the Pain Away" hießen die Songs, mit denen die heute 54-Jährige bekannt wurde. Die punkfeministische Subkulturikone, die in hautengen, pinken Hotpants kleine Clubs aufgemischt hatte, avancierte bald zu einer Popfigur von globaler Strahlkraft; angepasster wurde die Künstlerin dadurch freilich nicht. Wo Peaches draufsteht, ist auch heute noch Sex drin, Begehren und die Feier der Vulva.
Ihr neuestes Lied samt entzückendem Animationsvideo zeigt nun, dass sich selbst die Pandemie ganz wunderbar versexen lässt. "Pussy Mask" verbindet Humor geradezu bilderbuchartig mit Haltung. Herrliche Dada-Reime rund um Peaches' Muschi, die als fideles eigenständiges Wesen in Erscheinung tritt, kombinieren diese emanzipatorische Gaudi mit einer unmissverständlichen Ansage an alle Hasardeure: "Meine Muschi trägt eine Maske, meine Muschi spielt sich nicht, meine Muschi trägt eine Maske, sie schützt sich!" An einer Stelle des knallbunten Videos schwenken zornige Comic-Vulvas "Pro Choice"-Transparente, dann wieder tanzen sie und schütteln ihre Hintern, um gleich darauf die demokratische Politikerin Alexandria Ocasio-Cortez sowie die verstorbene Bundesrichterin Ruth Bader Ginsburg zu feiern.
Der wehklagende Ausruf "Ouchie, ouchie" reimt sich schließlich auf die Forderung "Listen to Fauci". Die Expertise des US-Immunologen, dazu Peaches' prächtiges Pussy-Protestlied - nicht das schlechteste Rüstzeug für die nächsten Pandemie-Wochen.