Café Nam Prik

Das beste Thai-Lokal Wiens hat eine Art Kaffeehaus aufgemacht

Florian Holzer
27.04.2021

Foto: Heribert Corn

Es ist natürlich eine gewagte Behauptung, aber: Die thailändische Küche ist eine der besten der Welt. Warum? Wegen der Balance zwischen Süße, Schärfe und Säure, zwischen Frische und Umami, zwischen Knusprigkeit und Weichheit. Und weil die Melange aus Zitronengras, Ingwer, Kaffirlimette, Chili, Thai-Basilikum und Koriander genauso wie Tomaten, Parmesan und Rosmarin oder wie Zwiebel, Speck und Erdäpfel oder wie Apfel, Brösel und Zimt zu den endgültigen Kombinationen der Geschmackswelt zählt. Finde ich.

Tragischerweise beschränkte sich die Thai-Küche Wiens jahrzehntelang auf Standards wie Kokoscurry in Rot, Gelb und Grün, Pad Thai, Tom Yam und Papayasalat, eh gut, aber erst mit dem Es gibt Reis (2015), dem Mamamon (2016) und dem All Reis (2018) ging’s endlich in die geschmackliche Tiefe.


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Frau Nisachon Suwantha und Herr Kunanon Lertyaso vom All Reis gingen besonders mutig vor, kein Wunder, sie führen mit dem Talad Thai seit Jahren den besten Thai-Shop des Landes. Weil das kleine Lokal so gut und auch immer ziemlich voll war (und man in Wien ja auch in einem „Streetfood“-Lokal gerne sitzen bleibt, obwohl man längst aufgegessen hat und andere auf den Tisch warten), übernahm man ein altes Espresso gleich daneben, um durchzubrechen und zu expandieren. Gut gedacht, allerdings handelt es sich da um zwei verschiedene Häuser mit zwei verschiedenen Besitzern, also leider nein.

Die All-Reis-Leute hätten jetzt einfach einen Klon draus machen können, taten sie aber nicht, sondern überraschten noch einmal: Das Espresso blieb und wurde zu einem Lokal für thailändischen Kaffee, den man entweder als Espresso (kann man sich sparen) oder als „Oliang“, eine Art Eiskaffee, bekommt.

Dazu gibt’s „Khanom“, süßes Streetfood, und Thai-Snacks, die es so sonst auch nirgends in Wien gibt. Zu den auch für uns als „Süßigkeiten“ verständlichen Sachen gehören etwa Piakpoon, kleine, grüne Pandang-Puddings (5 Stk. € 4,20), oder die Kokosplätzchen Baabin (4 Stk. € 3,90). Etwas exotischer wird’s dann schon bei Khrok, das sind kleine, zartsüße Kokosmilch-Palatschinken, die mit Mais und Jungzwiebeln gefüllt sind (6 Stk. € 4,80), um mit Tokiao dann wirklich abzudriften: süße Palatschinken, umhüllt mit einer knusprigen Zweit-Palatschinke, gefüllt mit Würstel und Faschiertem. Und, Überraschung!, das ist gar nicht schlecht (3 Stk. € 4,50).

Und nach Jok – ein Reisschleim à la Congee – kann man sogar süchtig werden, in das legendär geschmacklose Diätgericht kommen hier Thai-Gewürze und Fleischbällchen. Ah ja, und wem’s zu wenig süß sein sollte – ein extra Zuckersäckchen ist dabei (€ 4,50).

Resümee:

Kaffee aus einem Land, von dem man nicht weiß, dass es dort Kaffee gibt. Und dazu Süßes, das wir so noch nie gegessen haben. Zumindest nicht absichtlich.

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