Ohren auf: Klassik
Deutsches Lied und ein Trauermarsch
Der Gegensatz zwischen Licht und Dunkelheit symbolisiert für mich den Reichtum der Musik", schreibt Sandrine Piau im Booklet zu ihrer aktuellen CD "Clair-Obscur" (Alpha). Die französische Sopranistin - sie zählt zu den besten Interpretinnen barocker Musik - hat sich damit einen Jugendtraum erfüllt und Stücke aufgenommen, die das Thema der Dämmerung in den Mittelpunkt rücken. Am Anfang steht Eichendorffs "Waldesgespräch", das Zemlinsky vertonte: ein verzweifelter Ritt, den Piau in all seinen Farben ausleuchtet. In Alban Bergs "Sieben frühe Lieder", die der Komponist seiner Frau Helene widmete, dreht sich alles um Träume, Sehnsucht und die Liebe. Piau singt hier sinnlichzart, wohingegen Richard Strauss' "Vier letzte Lieder" eine beinahe nostalgische Reife verströmen.
Für einen abrupten Stimmenwechsel sorgt der Bariton Matthias Goerne: Gemeinsam mit dem Pianisten und Chopin-Wettbewerb-Gewinner Seong-Jin Cho interpretiert er auf dem Album "Im Abendrot" (DG) deutsche Lieder der Hoch-bzw. Spätromantik. Den Auftakt machen Richard Wagners Wesendonck-Lieder, die eigentlich für Frauenstimme und Klavier gedacht waren, Goernes samtiger Stimme aber durchaus schmeicheln. Wie geschaffen für ihn sind hingegen die Lieder von Hans Pfitzner. Hier taucht der Sänger mit dem dunklen Timbre tief in den düsteren Klangkosmos des Komponisten zwischen Einsamkeit, verlorener Liebe und endlosen Landschaften ein. Zum Schluss gibt es noch einen Schuss Licht von Richard Strauss.
Frédéric Chopin liebte das Lied, lieferte für das Genre selbst aber nur knapp 20 Beiträge. Dafür haben andere seine Klavierkompositionen für Stimme transkribiert. 19 dieser Fremdbearbeitungen bietet "Chopin Vocalisation" (Gramola), wobei die musikalische und interpretatorische Qualität dieses Albums letztlich aber doch eher an einen Trauermarsch als an perlende französische Romantik erinnert.