Ich, du, er, sie, es, alle strömen ins Kino

Während die heimischen Multiplexe noch der Hollywood-Blockbuster harren, warten die Arthouse-Kinos und einschlägigen Filminstitute ab sofort mit einem vielfältigen Programm auf: Komödien, neue Dokus, österreichische Filme und die Hommage an eine Oscar-Preisträgerin helfen auf dem Weg aus der Krise

Michael Omasta, Sabina Zeithammer
FALTER:Woche, FALTER:Woche 20/2021 vom 19.05.2021

Kiss Me Kosher

Verliebt, verlobt, geheiratet: Wie einfach doch die Liebe wäre, käme Shira aus Tel Aviv und Maria aus Stuttgart nicht die deutsch-jüdische Vergangenheit dazwischen! Oma Berta, eine Holocaust-Überlebende, ist entsetzt, und unvermeidlich taucht irgendwann einmal die Frage auf: "Was haben deine Großeltern getan?" Dass es Filmerin Shirel Peleg gelingt, diesen verzwickten Familienverhältnissen eine Screwball-Comedy abzuringen, liegt an dem beherzten Ensemble, angeführt von Moran Rosenblatt und Luise Wolfram, sowie Rivka Michaeli (Berta) und John Carroll Lynch (Shiras Vater, ein radikaler Siedler). Schön ist das hebräisch-englisch-arabischdeutsche Sprachgewirr -und dass es noch andere Bilder aus dem Nahen Osten gibt als jene in den aktuellen Nachrichten.

Ab 19.5. im De France (OmU)


Glory to the Queen

Nona, Nana, Nana und Maia haben der Schachwelt ihren Stempel aufgedrückt: Nach dem Serienhit "Das Damengambit" porträtiert die Doku die vier georgischen Schachwelt-und -großmeisterinnen. Kurzweilig und mit feministischem Unterton wechselt Tatia Skhirtladzes Film zwischen der Zeit des Kalten Krieges und dem Heute, in dem sich die Frauen für den Schachnachwuchs engagieren. Einblick in einen faszinierenden Sport und vier sehr unterschiedliche, durch Talent und Ehrgeiz geeinte Persönlichkeiten.

Ab 21.5. im Votiv (OmU)


Retrospektive Frances McDormand

In Kürze wird die US-amerikanische Schauspielerin Frances McDormand in ihrer neuen Oscar-Rolle in "Nomadland" zu sehen sein - und das ist bereits ihr dritter Goldjunge. Das Wiener Top Kino zeigt in dieser kleinen Retro einige wichtige frühere Arbeiten der 63-Jährigen, die sich auch (kulturpolitisch engagiert: von "Fargo"(Bild) und "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" bis zum komödiantischen Drama "Almost Famous", der Farce "Burn After Reading" und dem Rassismusthriller "Mississippi Burning".

Ab 19.5. im Top Kino


Wer zuletzt lacht Komödien gegen die Krise

Lachen im Filmmuseum? Ja, darf man das denn? Und ob! Die schlagfertige Sexnudel Mae West und die Gebrüder Marx gehören von jeher zu den Säulenheiligen des Hauses. In diesem ursprünglich für den Jahreswechsel gedachten Comedy-Programm geben sie sich nun ein Stelldichein mit Spaßvögeln wie Helge Schneider ("Jazzclub"), Bill Murray ("Groundhog Day") oder den Knetfilmhelden Wallace & Gromit ("The Curse of the Were-Rabbit"). Den Anfang machen Jerry Lewis als "The Disorderly Orderly" und Peter Sellers als "Dr. Strangelove"(Bild).

Österreichisches Filmmuseum, bis 15.8.


Frühlingskino

Ganz im Zeichen des heimischen Filmschaffens steht das Monatsprogramm des Filmarchivs Austria. Man spielt open air im Augarten wie auch im Metro Kinokulturhaus; gezeigt werden rezente Produktionen, restaurierte Klassiker und Previews von Filmen, deren regulärer Kinostart sich zuletzt mehrmals verschoben hat: darunter Evi Romens moderner Antiheimatfilm "Hochwald"(Bild), das Dokumentarmärchen "Space Dogs" von Elsa Kremser und Levin Peter und "Aufzeichnungen aus der Unterwelt", das neue Meisterwerk von Tizza Covi und Rainer Frimmel.

Open Air im Augarten & Metro Kinokulturhaus, bis 27.6.


David Byrne's American Utopia

Noch vor Beginn der Pandemie nahm Regielegende Spike Lee die große Broadwayshow "American Utopia" auf. Sein alter Freund David Byrne hat sie quasi als Politperformance konzipiert. Songs seines gleichnamigen Studioalbums und Evergreens aus dem Talking-Heads-Universum sind mit kurzen Statements versetzt, in denen der Musiker sich gegen Rassismus und für die Utopie eines friedlichen Zusammenlebens starkmacht. Das hört sich gut an, schaut sich gut an, rührt einen an -wenn Byrne und seine Kollegen zum Finale den Song "Road to Nowhere" anstimmen und durch das vollbesetzte Hudson Theatre ziehen.

Ab 19.5. im Filmcasino (OF)t

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