BÖSE
Der gefährliche Radfan
Enthusiasmus: Kolumne der Superlative
Es knackt und klirrt. Mit einem zuerst dumpfen, dann hellen Geräusch fällt der Eiswürfel aus der Form ins Glas. Und noch einer. Knack, klirr. Und noch einer, bis das Glas fast voll ist. Daneben dampft der Kaffee aus der Espressokanne. Schüttet man die heiße Flüssigkeit auf den kleinen Eisberg, beginnen die Eiswürfel zu singen. Sie krachen und springen, in kurzen Abständen und unterschiedlichen Tonhöhen, schlagen leicht aneinander.
Diese gebrochene Melodie kommt einer Erlösung von der Hitze gleich. In diesen wenigen Sekunden hat das Hirn Urlaub und die Ohren haben ihre Freude. Auch die Augen genießen, wie der Kaffee langsam die Eiswürfel verschlingt. Ein kleiner Schuss Milch, und die Pause ist perfekt.
Auch zugefrorene Seen singen, also knistern und knacken, lese ich in einem Artikel des MDR. Keine Neuigkeit, aber schön. Es sei nämlich nicht so, wie uns das Weihnachtslied suggeriert, dass diese Gewässer "still und starr" ruhen. Zu tun habe das unter anderem mit Temperaturunterschieden innerhalb der Eismasse.
Geschichten über Eis und Kälte zu lesen hilft mir, die Hitze besser zu ertragen. Bilder anzuschauen, ist auch eine Möglichkeit. Zum Beispiel "Die Jäger im Schnee" von Pieter Bruegel dem Älteren aus dem Jahr 1565. Während die Jäger durch den Schnee stapfen, sind einige Dorfbewohner beim Eislaufen. Im Hintergrund erkennt man schneebedeckte Berggipfel. Himmel und Eis sind grüngrau. Ich stelle mir vor, wie die Seen knistern und krachen, wie ein kalter Wind aufkommt und der Schnee in der Hand schmilzt.
Dann kehre ich wieder zurück zu meinem Glas voll Kaffee und Eiswürfeln. Sie haben sich schon fast aufgelöst. Zwei Nachzügler stoßen kaum hörbar aneinander, dann verschwinden sie. Am Ende bleiben zwei, drei Momente der Erfrischung.