Mausgrau in Moskau: Benedict Cumberbatch, standhaft als "Der Spion"

DREHLI ROBNIK
Lexikon, FALTER 26/21 vom 30.06.2021

Seitenwechsel, der Preis für Loyalität, Strategiespiele, Sich-blöd-Stellen, Ernüchterung, weil der eigene Staat so zynisch ist wie der Systemgegner: Das sind Standardmotive im Spionagekino zum Kalten Krieg. Diese und andere bietet Dominic Cookes britisches Drama "Der Spion - The Courier" auf - unoriginell, aber effektiv.

Etwas Biederkeit ist dem faktenbasierten Plot durchaus adäquat: Vor der Kubakrise 1962 spielt ein Moskauer Geheimdienstler (Merab Ninidze, bekannt aus Ö-Filmen der 1990er und zuletzt "Jupiter's Moon") dem Westen Details der Sowjet-Raketenpläne zu; als seinen Kontaktmann heuert der Secret Service einen Londoner Geschäftsreisenden an (Benedict Cumberbatch mit Schnauzer auf der stiff upper lip). Zwei mausgraue Herren werden Freunde. Sie sind eher Kuriere als Spione; umso stärker wirkt die Atmosphäre von Dauerüberwachung in markanten Bauten (Theater, verwanztes Hotel, Bahnunterführung, abhörsicherer Raum in der Botschaft in Moskau).

Als der Russe sich in den Westen absetzen will, sind seine Chancen so gering wie Londons Bereitschaft, ihm zu helfen. Um nicht zu viel zu verraten: Unter der Gewalt des sowjetischen Staatsapparats entlädt sich in dem Film zuletzt einiges an dramatischem Pathos rund um Leiden und Loyalität, und Cumberbatch bekommt Gelegenheit, mit körperbetontem, Empathie heischendem Spiel zu brillieren.

Im zugespitzten Spannungsgeschehen tritt aber auch eine engagierte CIA-Agentin (Rachel Brosnahan) aus dem Schatten des Männerfreundschafts-Plots. Ebenso die Frau des Reisenden: Sie weiß eh längst, dass ihr Gatte nicht nur als braver Verkäufer reist, denn er war zuletzt "so energetic" im Bett.

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