Die Ego-Scooter
Ende August will sich die Wiener Stadtregierung zu einem runden Tisch treffen, um neue Regelungen für E-Scooter zu verhandeln. Zeit, sich die Kleinfahrzeuge einmal genauer anzuschauen.
Ein junger Mann tippt etwas in den Bildschirm seines Handys und versucht damit, einen E-Scooter am Karlsplatz zu entsperren. Nach drei Versuchen gibt er verzweifelt auf, dreht sich um und geht fünf Meter weiter zum nächsten Roller. Die E-Scooter gibt es mittlerweile an jeder Straßenecke. Allein in Wien sind aktuell fünf Anbieter mit je 1.000 bis 1.500 Leihgeräten vertreten. Die Stadt Wien hat die Zahl reguliert, um einen Wildwuchs zu verhindern.
Die elektrisch betriebenen Kleinfahrzeuge werden aber nicht nur von Sharing-Anbietern vermietet – sondern auch von Privatleuten in großer Zahl angekauft.

Die Folge: Immer wieder gibt es Anrainer-Beschwerden und auch Unfälle. Ende August will sich die Stadtregierung deshalb zu einem Runden Tisch treffen, um neue Regeln für die Fahrzeuge zu vereinbaren. FALTER.morgen hat sich schon vorher die Probleme mit der E-Mikromobilität (so nennen Fachleute den Verkehr mit den Kleinfahrzeugen) genauer angesehen.
Problem 1: Das Unfallrisiko
Die Polizei in Österreich erfasst keine gesonderten Unfallstatistiken für Elektrofahrzeuge. In Deutschland geschieht das schon: Dort wurden im Vorjahr über 2.100 Unfälle mit E-Scootern gezählt, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden. Dabei war Alkoholkonsum mit 18 Prozent die häufigste Ursache.
Ein ähnliches Bild zeigt eine Erhebung der Statistik Austria für Österreich. Demnach sind die Unfälle mit E-Bikes und E-Scootern innerhalb von zwei Jahren um 194 Prozent (von 79 auf 233) gestiegen.
Laut einer aktuellen Studie des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV), die morgen vorgestellt wird, fahren die Unfallverursacher oft zu schnell, neigen zur Selbstüberschätzung und sind unachtsam. „Oft sind es junge Menschen, die mit den Scootern unterwegs sind. Sie verwenden die Geräte nicht als reines Verkehrsmittelaus, sondern zum Spaß – die Geschwindigkeit steht im Vordergrund”, sagt Ulrich Leth, Verkehrsplaner an der TU Wien, der gemeinsam mit Barbara Laa die Scooter-Fahrer in Wien unter die Lupe genommen hat.
Problem 2: Der Abstellplatz
Sind Sie auch schon mal über einen Scooter gestolpert, der mitten am Gehsteig lag? Dass die Geräte oftmals sorglos hingeworfenen werden, sorgt bei vielen für Ärger – nicht nur in Österreich. In Köln dürfen die Elektrofahrzeuge seit Dienstag nur mehr an bestimmten Plätzen geparkt werden. In Wien gilt seit April 2020 die Regelung, dass die Scooter nur mehr auf zumindest vier Meter breiten Gehsteigen abgestellt werden dürfen. Im siebten Bezirk gibt es außerdem ein Pilotprojekt, das den Fahrzeugen verpflichtend speziell ausgeschilderte E-Scooter-Parkplätze zuweist. Eine Ausweitung dieser Regelung auf ganz Wien ist im Rathaus noch kein Thema.
Barbara Laa, Verkehrsexpertin von der TU Wien, merkt an: „Wenn man nur noch die speziellen Flächen zur Verfügung hat, wäre es ein Stellplatzsystem und nicht mehr das Free-Floating-Prinzip, das es erlaubt, Scooter überall stehen zu lassen”, sagt sie.
Fix ist bereits, dass die Wirtschaftskammer ab Herbst den Einsatz ihrer Scooter-Sheriffs ausweiten will, die derzeit in der Innenstadt dafür sorgen, dass die Geräte richtig abgestellt werden.
Problem 3: Der Platzmangel
Das Hauptproblem sieht Barbara Laa aber nicht in achtlos zurückgelassenen Scootern oder aggressivem Fahrverhalten, sondern in der mangelnden Infrastruktur. „Es ist gut, dafür zu sorgen, dass der Anteil von kleineren E-Fahrzeuge am Verkehr steigt und jener von Autos sinkt. Aber momentan ist die Radinfrastruktur dafür zu schlecht ausgebaut”, sagt sie.
Fahren wir also bald alle mit E-Scootern? „Ich bin skeptisch ob das die Zukunft ist. Die Frage ist, ob wir mit dem öffentlichen Verkehr zu Rande kommen und ob die E-Geräte dann nur aus Spaß genutzt werden”, so die Expertin.