"Ich habe niemals mit den Opfern geweint"
Carla Del Ponte hat Kriegsverbrecher und Mafiosi vor Gericht gestellt und wäre dabei beinahe selbst ums Leben gekommen. Was macht das mit einem Menschen?
Peter Klar ist Arzt und Bürgermeister, er hat die Impfquote in Laab im Walde mit viel Einsatz nach oben geschraubt (Foto: Heribert Corn)
In der Kapelle der Barmherzigen Schwestern beten zwei Dutzend Ordensschwestern seit mehr als einem Jahr ein Gebet: „Herr Jesus, zeige neu deine Gnadenmacht in der Geschichte der Welt. Stoppe die Pandemie des Coronavirus! Wir bitten dich und vertrauen auf dich.“ Die Seuche hat Schwester Maria Immakulata verschont, aber ihrem Leben noch einmal eine neue Wendung gegeben.
Die 78-Jährige sitzt in der Kapelle vorne in der zweiten Reihe, gleich am Gang. Jahrelang hatte sie als Krankenschwester gearbeitet, half auch im OP. Aber eine Pandemie hatte die quirlige Seniorin noch nie erlebt. Maria Immakulatas Feier zum 50-jährigen Ordensgelübde fiel aus, die Pfarre im Dorf blieb tabu. „Das hat uns schon geschmerzt, dass wir nicht in Kontakt mit anderen so pflegen durften“, sagt sie. Immerhin blieb ihr der prächtige Garten im Innenhof, wo sie die Dahlien holte, die nun vorn am Altar in Vasen stehen.
Dennoch ließ sich Maria Immakulata sehr viel Zeit mit der Impfung. Erst vor wenigen Tagen bekam sie ihre zweite Dosis. Sie hatte mit sich gerungen, gezögert, nachgedacht. Zwar zählte sie schon allein aufgrund ihres Alters zur Risikogruppe und hätte auch schon viel früher drankommen können – aber da war auch ihre Krankengeschichte, die sie von der Nadel abgehalten hatte. Schon mehrmals hatte sie auf Arzneimittel allergisch reagiert, selbst bei geringen Mengen. Schließlich entschied sie sich dann doch für den Stich. „Der Hauptgrund war, dass so viele ältere Menschen die Impfung besser vertragen haben“, sagt Maria Immakulata, „und die Schwestern haben mich motiviert.“ Wieder eine mehr im niederösterreichischen Laab im Walde. 74,2 Prozent waren Anfang der Woche in der Gemeinde vollimmunisiert.