Vogelhirn
Peter Iwaniewicz hätte es gerne ein bisschen weniger interessant

Zeichnung: Georg Feierfeil
Robert F. Kennedy beendete 1966 seine Rede in Südafrika zu Themen der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung mit einem vermutlich alten chinesischen Fluch: "Mögest du in interessanten Zeiten leben. Ob Sie es mögen oder nicht, wir leben in interessanten Zeiten." Ich greife das gerne auf und finde unsere Zeiten mit Seuchen, Kriegen und Aberglauben auch verdammt "interessant". Morgens ein erster Blick auf die Pandemie-Zahlen, aktuell 15 Millionen Tote weltweit. Dann beklemmende Kriegsnachrichten aus der Ukraine und zum Abschluss noch eine unnötige Impfdebatte in den Social Media verfolgen.
Wer so den Tag beginnt, braucht andere Nachrichten. Ein Bericht über "Dackeldiebstahl" verspricht mir harmlosen Alltags-Nonsens. Aber. Leider. Nein. Ein 23-Jähriger nimmt einen Rauhaardackel vor den Augen seiner Besitzerin mit, den sie ihm sofort wieder abnimmt. Weil er auch noch einmal auf einem fremden Traktor betrunken herumgegurkt ist, muss er für fette 19 Monate ins Gefängnis. Weiterblättern. Zu der mit der Klimakrise in Verbindung stehenden Flutkatastrophe in Australien meint Senator Matt Canavan von der dortigen Liberalen Nationalpartei: "Wir sollten nicht schlafwandeln wie Europa, sondern neue Kohlekraftwerke bauen und nach weiteren Öl- und Gasvorkommen suchen." Ich hingegen meine: Simple people, simple answers.
Und schon geht es weiter auf der Suche nach glückshormonausschüttenden News. 1400 in der Sahelzone überwinternde Wiedehopfe - ja, die mit dem Irokesen-Haarschnitt - kehren nach Österreich zurück. Nice, bloß wo werden sie die vielen zum Nisten notwendigen ungedüngten, pestizidfreien Wiesen mit alten Baumstämmen finden?
Ein guter Anfang, aber da geht noch mehr. Keas kennen viele Menschen nur aus Kreuzworträtseln. Doch diese Papageien sind überaus intelligent und werden am Messerli-Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Uni Wien gerne für Untersuchungen zu kognitiven Fähigkeiten genommen. Jetzt konnten die Forschenden dort in einem Experiment zeigen, wie vier dieser Vögel erfolgreich zusammenarbeiten, um an Futter zu kommen. Inwieweit die Keas verstehen, wie sie ihre Kooperation untereinander abstimmen, ist noch unklar. Der Studienleiter Raoul Schwing wies süffisant darauf hin: "Sogar beim Menschen ist nicht immer klar, wie viel Einblick jeder Teilnehmer in die Funktion seiner Aktivitäten im größeren Ganzen hat."
Besser kann man unsere interessanten Zeiten nicht beschreiben.