Blattkritik

Ungewohnt, aber erfreulich: Die blaue Seite des ORF bietet neuerdings politisches Feuilleton

Medien, FALTER 12/2022 vom 23.03.2022

Eine ausführliche Analyse der österreichischen Neutralität mit all ihren Widersprüchen im Laufe der letzten sieben Jahrzehnte und dazu die Frage, ob sie Vorbild für die Ukraine sein könnte oder nicht, mit dem Titel "Ein Balanceakt, den Österreich gut kennt". Oder ein Denkstück über die Bilder im Kopf, die Russen über Ukrainer haben und umgekehrt - und welche Fehlinterpretationen es dabei gibt ("Russlands Projektionen und die Ukraine"). Es sind Beiträge, die man auf der "blauen Seite" aka ORF.at nicht unbedingt erwarten würde. Und der Autor lautet meistens Gerald Heidegger. Heidegger war ab 1999 alleiniger ORF.at-Chefredakteur, 2020 wurde ihm der ehemalige "ZiB"-Sendungsverantwortliche Christian Staudinger zur Seite gestellt. Die Türkisen erhofften sich dadurch ein offeneres Ohr, denn Heidegger eilt der Ruf voraus, ein unabhängiger Kopf zu sein. Aber wie so oft enden politische Personalspiele anders, als es sich Parteisekretäre in ihren simplen Machtfantasien ausmalen.

Türkis ist Geschichte, ORF.at nach wie vor einer der wichtigsten und unbestechlichsten Informations-Hubs des Landes. Und Heidegger hat jetzt mehr Zeit, zu recherchieren und zu schreiben, und liefert einen lesenswerten Beitrag nach dem anderen, meistens aus dem Bereich Zeitgeschichte/Politik.

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