"Das erste Kind war die Einstiegsdroge"

Am Wochenende findet in Hernals wieder der Kindersachen-Lagerabverkauf Stocksale statt

NATHALIE GROSSSCHÄDL
FALTER:WOCHE, FALTER 13/22 vom 30.03.2022

Foto: Stocksale

Die Beleuchtung funktioniert noch nicht ganz", entschuldigt Yvonne Skala-Holzhammer die von der Decke hängenden Kabel. Eine Woche hat sie noch Zeit, alles herzurichten. Mitten im 260 Quadratmeter großen Raum schraubt gerade ihr Mann Dieter Kleiderständer zusammen. Schräg gegenüber sind Dutzende Schachteln mit 7000 Kleidungsstücke gestapelt, die ausgepackt werden wollen.

Von Freitag bis Sonntag findet im ehemaligen Geschäft Natur &Reform auf der Hernalser Hauptstraße wieder der beliebte Kindersachen-Abverkauf Stocksale statt, erstmals unter der Leitung der 47-Jährigen. Gegründet hat die Kinderkleidungsverkaufsparty vor zehn Jahren die ehemalige Falter-Fotografin Felicitas Kruse. In vorpandemischen Zeiten fand dieser Resteverkauf zweimal jährlich statt, im Frühling und Herbst. Nun soll er wieder regelmäßig über die Bühne gehen.

Verkauft wird vor allem fair produzierte Kindermode aus Biomaterialien. Alle Teile stammen aus der Vorjahressaison, produziert haben sie kleine Labels in Europa. Die Preise sind reduziert, "alles minus 30 bis minus 70 Prozent", lautet das Motto.

Während der Corona-Pandemie und der Lockdowns entschied die Geschäftsmodellerfinderin umzusatteln. Nach einer Ausbildung zur Bergführerin verkaufte Kruse im vergangenen Dezember das Unternehmen an eine frühere gute Kundin - Skala-Holzhammer. "Mindestens 500 Euro habe ich jedes Mal ausgegeben", sagt die dreifache Mutter. Sie sei immer schon auf der Suche nach cooler und nachhaltig produzierter Kinderkleidung gewesen, und da der Nachwuchs an Neurodermitis leide, sei ihr der Bio-Aspekt wichtig.

"Mein erstes Kind war meine Einstiegsdroge", meint die Neo-Selbständige lächelnd. Vor ihrem dritten Kind leitete die gebürtige Kärntnerin noch Callcenter, später arbeitete sie im Juweliergeschäft ihres Mannes mit.

Skala-Holzhammers jüngstes Kind ist inzwischen neun, das älteste 13. Strahlend bezeichnet sie Stocksale als ihr "neuestes Baby". Die Vorarbeiten sind bereits Ende Dezember losgegangen: 50 Geschäfte und Marken musste die Händlerin anschreiben, um die Verkaufsware der vergangenen Frühling-Sommer-Saison einzuholen.

Die Kinderkleidung, die hier mittlerweile auf Kleiderbügeln hängt, ist sehr bunt und wirkt, als können die Kleinen darin bequem Sandkuchen bauen und ohne Bewegungseinschränkungen auf Klettergerüsten herumtollen. Zebras schmücken Baby-Bodys in Pastelltönen, auf Tischen liegen niedliche Beanie-Mützen und Regenmäntel mit Dinosaurier-Prints.

In einem ehemaligen Lebensmittelregal sind schmutzresistente Ganzkörperanzüge für Tage draußen im Schnürlregen ausgestellt. Es gibt Matschhosen, die wie leichtere Skihosen aussehen und zu Schlammexperimenten auf dem Spielplatz einladen. Auch ein zartblaues Sommerkleid im nostalgischen Stil ist dabei, wie aus dem Kreativ-Kinderbuch "Belle & Boo" - einem englischen Klassiker, in dem ein Mädchen aus feinem Hause auf einen Hasen trifft. Der Dresscode darin entspricht den 1950er-Jahren. Skala-Holzhammer ist noch beim Auspacken der letzten Schachteln, als die Eingangstür auffliegt und eine junge Frau den Raum betritt. Aus ihrer riesigen Tasche holt sie Mützen aus dünnem Jersey. Sie kommt mit ihnen aus Salzburg angereist, wo sie und ihre 14 Schneiderinnen die Hauben aus Biostoffen nähen.

"Sie verkaufen sich wie warme Semmeln", freut sich Skala-Holzhammer. Die Modelle sind mit auffallenden Traktor-,Bagger- oder Feuerwehrauto-Motiven bedruckt. "Auf der Straße erkennt man die Kinder an den Hauben, die beim Stocksale eingekleidet werden", sagt die Jungunternehmerin stolz.

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Für das Wochenende erhofft sich Skala-Holzhammer den Besuch tausender Mütter, Väter und Großeltern. Felicitas Kruse hat ihr einen beachtlichen Kundenstamm hinterlassen. Wie ihre Vorgängerin hat sie 5000 Einladungen verschickt und Flyer in Schulen, auf Spielplätzen und in Kindergärten verteilt.

Vor der Pandemie bildeten sich beim Einlass stets lange Schlangen. Die Menschen kamen mit Kinderwägen und Babytragen, um auf bezahlbare Art und Weise umwelt- und gesundheitsbewusst einzukaufen. Auf die Pandemie hat Skala-Holzhammer nun natürlich entsprechend reagiert: Es herrscht FFP2-Masken-Pflicht, und damit Gedränge möglichst ausbleibt, hat sie die Öffnungszeiten erweitert. Am Freitag ist sogar Shopping bis 21 Uhr möglich - wenn die Kleinen schon im Bett sind.

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Stocksale: Hernalser Hauptstraße 86, Fr 9.00 bis 21.00, Sa, So 9.00 bis 18.00 Information: www.stocksale.at

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