Ein Musiker und Umweltaktivist mit großem Namen
In seinem Tagebuch notierte Michael Schnitzler einmal: "Teilweise unspielbar, also wozu üben? Hört ja eh keiner." Er schrieb es wohlgemerkt auf Englisch. Der junge Geiger war 16 Jahre alt, sprach kaum Deutsch und spielte als Substitut im Staatsopernorchester. Auch mit dem handgeschriebenen Notenmaterial von Wagners "Walküre" tat er sich schwer und konstatierte: "technically impossible". Zwei von vielen Anekdoten, die von Schnitzlers Musikerleben zwischen Proben, Reisen und Konzerten erzählen - pikante Details über Dirigenten und andere Weggefährten inklusive.
Der Geiger wurde 1944 mit dem berühmten Namen seines Großvaters Arthur Schnitzler geboren. Die Eltern Heinrich und Lilly waren da längst im amerikanischen Exil. Im Hause Schnitzler war Musik allgegenwärtig - der Vater inszenierte, die Mutter spielte Geige im Orchester; mit sechs Jahren bekam Michael sein erstes Instrument. Als er 15 war, beschloss die Familie, nach Österreich zurückzukehren. Schnitzler studierte Geige, war Konzertmeister der Wiener Symphoniker und gründete das Haydn-Trio, mit dem er um die Welt reiste.
Ende der 1980er-Jahre besuchte er erstmals Costa Rica und entwickelte sich in der Folge zum Umweltaktivisten. Seine Biografie hat er gemeinsam mit der Autorin und Buchhändlerin Petra Hartlieb geschrieben. Sie erzählt von einem faszinierenden Leben zwischen Musik und Naturschutz. Wir dürfen hinter die Kulissen eines großen Orchesterbetriebs blicken, lesen den Krimi um den Nachlass des Großvaters oder die Geschichte eines Dirigenten, der sich eine Wand aus Holz anfertigen ließ, weil er panische Angst hatte, rückwärts vom Podium zu fallen.
Das letzte Drittel handelt davon, wie Schnitzler hunderte Hektar Regenwald vor der Rodung rettete und eine Forschungsstation sowie Ökotourismus-Lodge baute. Ende 2021 erlitt der 77-Jährige einen Schlaganfall, im Jänner kehrte er wieder zurück nach Costa Rica.
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Michael Schnitzler: Der Geiger und der Regenwald. Amalthea, 272 S., € 28,–