Twitter im Griff
Was der reichste Mensch der Welt unter Meinungsfreiheit versteht, alarmiert Brüssel. Wird die Europäische Union Elon Musks Pläne für Twitter stoppen?

Illustration: P.M. Hoffmann
Elon Musk spricht stotternd, fast widerwillig, doch seine Worte werden wie so oft Schlagzeilen machen. Musk will Twitter kaufen, so viel ist schon bekannt. Hier, am 14. April auf der Bühne von TED2022 in Vancouver, fragt ihn der Moderator, ob er denn tatsächlich 44 Milliarden Dollar in Cash für das soziale Netzwerk mit dem blauen Vogel-Logo hinlegen will. „Technisch gesehen kann ich mir das leisten“, sagt Musk.
Das Publikum lacht, das ist in dem Video von der Konferenz auf Youtube zu hören, doch Musk schaut streng. „Hier geht es nicht ums Geldverdienen.“
Musk ist der reichste Mensch der Welt, der mit Tesla die Autobranche auf den Kopf stellt und mit SpaceX zum Mars fliegen will. Das macht ihn zum Visionär. Interviews, bei denen er großspurige Ankündigungen macht oder am Joint nuckelt, tragen ihm außerdem den Ruf eines Clowns ein. Musk, der in Südafrika auf die Welt kam und seit zwei Jahrzehnten US-Bürger ist, nimmt sich kein Blatt vor den Mund, darauf ist er stolz. Musk nennt sich einen „free speech absolutist“ – einen Meinungsfreiheits-Ultra. Twitter kaufen will er nicht aus finanziellen Motiven, sondern um es zur „Arena der freien Meinungsäußerung“ zu machen. Dort müsse alles gesagt werden dürfen, was nicht von Gesetzen verboten sei. Twitter sei wichtig für das Funktionieren der Demokratie, ja sogar für die „Zukunft der Zivilisation“, sagt Musk. Damit trifft er einen Nerv: Denn auch wenn Twitter weitaus weniger Nutzer hat als Instagram, Facebook oder Tiktok, ist es das soziale Netzwerk der Wahl von Journalisten, Politikern und anderen Meinungsmachern. Twitter ist systemrelevant.