Die Kulturkritik der Woche
Offener Brief deutscher Intellektueller: Das Recht des Schwächeren und der Ukraine-Krieg
Jährlich wird in Österreich eine Fläche in der Größe von Eisenstadt verbaut (Foto: ÖHV)
Innsbruck, 22. April. Eine Trommlergruppe führt hunderte Menschen durch die Innenstadt. „As langat!“, steht auf ihren Protestschildern, und: „Schluss mit exzessivem Bodenverbrauch und -versiegelung!“ Sie demonstrieren gegen die „Gletscherehe“: Die Seilbahnbetriebe aus dem Pitztal und Ötztal wollen ihre Skigebiete miteinander verschmelzen, durch ein „attraktives Großskigebiet“ versprechen sie sich „die wirkungsvollste Wirtschaftsförderung“ für zwei Tiroler Täler, die vom Tourismus leben. In der unberührten Gletscherlandschaft sollen ein Seilbahnzentrum, Restaurants, Bars, ein asphaltierter Speicherteich und ein Tunnel entstehen. Der WWF zählt das Projekt in seinem 2021 erschienenen Bodenreport zu den Paradebeispielen für Österreichs exzessiven Flächenverbrauch. 64 Hektar würde die Natur allein an die neuen Pisten verlieren, 35.000 Kubikmeter Beton sollen verbaut werden.
Der pensionierte Lehrer Gerd Estermann zettelte den Protest an, seine Bürgerinitiative Feldring hat sich dem Erhalt der Tiroler Naturlandschaft verschrieben. „In Tirol stehen nur zwölf Prozent der Landesfläche für eine Dauerbesiedelung zur Verfügung. Dessen ungeachtet werden laufend Genehmigungen für Hotelkomplexe, Chaletdörfer und Einkaufszentren erteilt“, sagt er auf der Demo. „Schreitet der Flächenverbrauch in diesem Tempo weiter voran, dann ist das Inntal bis 2050 durchgehend verbaut.“
Der Zusammenschluss der beiden Skigebiete ist zu einem Symbol für den Flächenverbrauch im Land geworden. Rund 168.000 Menschen haben die Petition gegen die Gletscherehe auf der Plattform Mein-Aufstehn unterschrieben. Auf dem vollbetonierten Eduard-Wallnöfer-Platz vor der Landesregierung rollen die Aktivisten die Liste der Unterstützer aus, auf der kleingedruckt die Namen stehen. Sie ist 18 Meter lang.