3, 2, 1, … Raketenstart

Über die Neuerfindung eines Bauchstich-Cafés in unwahrscheinlicher Lage

Florian Holzer
21.06.2022

Foto: Heribert Corn

Bis vor ein paar Monaten wurde hier noch getöpfert. Wobei die Keramik nicht sehr lange das prägende Geschäftsmodell dieses Lokals war, Bekanntheit erlangte es vielmehr als „Rapidstüberl“.

Jetzt haben Lokale namens Rapidstüberl ja durchaus ihre Berechtigung, nicht umsonst gibt es eine Handvoll davon über die Stadt verteilt. Als das Objekt Anfang des Jahres frei wurde, dachten sich Corinna Huber und Andreas Brunner aber, dass man wohl mehr daraus machen könnte als nur ein Tschocherl oder ein Nagelstudio.


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Schließlich ist die Brigittenauer Karl-Meißl-Straße mit ihren Alleebäumen und den frisch renovierten, prachtvollen Gründerzeit- und Jugenstilhäusern mit schmiedeeisernen Balkongeländern nicht nur ein wirklich hübscher Platz, sondern auch der kürzeste Weg vom Verkehrsknotenpunkt Wallensteinplatz zum Augarten.

Ein Weg, den viele Leute frequentieren. Das wissen Huber und Brunner, weil sie zwei Gassen weiter seit 2019 ihr überaus erfolgreiches Bistro Wohnküche betreiben. Sie waren sich daher auch darüber im Klaren, dass die Brigittenau reif für angenehme, zeitgemäße Bars, Cafés und eben Lokale ist, in denen man auch anderes zu trinken bekommt als Wodka-Red-Bull.

Wobei diese rationalen Überlegungen ja nur die eine Hälfte sind, die beiden wollten in ihrem Wohngrätzel schlicht und ergreifend ein lässiges Lokal haben, in dem man gut sitzen und eine gute Zeit haben kann.

Also bastelten sie aus dem ehemaligen Grindbeisl ein hübsches, helles Espresso namens Rakete. Sie hängten Bilder auf, die entweder von befreundeten Künstlern (die guten) oder von Willhaben (die schrecklichen) stammen, Brunner zimmerte wie schon in der Wohnküche die Holzbänke selbst, Boden und Decke wurden gereinigt, beziehungsweise neu angestrichen, lassen das Rapidstüberl aber durchaus noch erahnen. Der Schanigarten in Form einer hölzernen Terrasse unter den Bäumen ist bezaubernd, wenn die oberen Nachbarn ihre Balkonblumen gießen, gibt’s sogar Luftbefeuchtung.

Auf der Karte stehen ein paar schöne Weine, tendenziell aus der Kategorie „Natural“, das offene Bier ist vom Tegernsee. Besonders interessant ist der sehr trübe Pet Nat eines Weinguts namens Casa Amore aus Grieskirchen (€ 6,90). Ein Highball „Agpropos Apros“ aus Rosé, Wermut und Soda erweist sich als sehr erfrischend, zartbitter und für den Platz hier ganz genau richtig (€ 6,90). Ein bisschen was zu knabbern gibt’s auch, große, fleischige Oliven im Marmeladeglas zum Beispiel (€ 6,–), ein Teller ­Prosciutto (€ 8,–) und ab dieser Woche auch gereiften Emmentaler von Jumi.

Trägt die Rakete zum Lässigkeits-Index der Brigittenau bei? Definitiv.

Resümee:

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In einer wunderschönen Gasse auf einer hübschen Terrasse sitzen und gute Getränke schlürfen – ab jetzt auch im 20. Bezirk.

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