PETERS TIERGARTEN

Wahre Liebe

Peter Iwaniewicz fragt sich, wie wir wirklich sind

Peter Iwaniewicz
Natur, FALTER 25/22 vom 22.06.2022

Zeichnung: Georg Feierfeil

Nach dem durch das Ibiza-Video ausgelösten Skandalbeben, das die Regierung zu Fall brachte, sprach Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Rede an die Nation die vielzitierten Worte: "So sind wir nicht, so ist Österreich einfach nicht, aber das müssen wir alle gemeinsam beweisen." Seitdem steht die Frage wie der sprichwörtliche Elefant im Raum: Wir alle würden gerne wissen, wie wir denn nun wirklich sind.

Zumindest zu unseren Werthaltungen im Bereich Natur-, Arten- und Umweltschutz beauftragte die Organisation Arche Guntrams vor kurzem eine Erhebung. Der Aussage "Es ist die Pflicht des Menschen, die Natur zu schützen" stimmen demnach 88,2 Prozent der Österreicher zu. Fast ebenso viele macht es glücklich, in der Natur zu sein. Und nur etwa ein Fünftel der 1000 Befragten findet, dass wirtschaftliche Entwicklung wichtiger als Naturschutz sein sollte. Der Geschäftsführer der diese Erhebung durchführenden Firma Marketagent meint sogar in einem Interview mit dem Kurier: "Dass die Natur als höchstes Gut eingestuft wird und als absolut schutzwürdig gilt, war wenig überraschend."

Echt jetzt? Es gibt drei Themen, die jeder grundsätzlich wichtig und gut findet: Frieden, Bildung und Naturschutz. Aber wer genau hinsieht, findet oft, dass genau das Gegenteil wahr ist.

Ein kurzer Streifzug durch die medialen Nachrichten der letzten Woche zur "Naturliebe" der Österreicher. Passende Headline in den Oberösterreichischen Nachrichten: "Sündenbiber: Löste Nagetier-Damm eine Überschwemmung aus?". Wer sonst, wenn nicht Tiere, ist an Überschwemmungen bei Gewittern schuld. Und Tiere stehen gerne auch unserer wirtschaftlichen Entwicklung im Weg.

Weil es die bedrohliche Anzahl von 646 Fischottern in Oberösterreich gibt und diese - Hörensagen, Euer Ehren - ganze Fischteiche leerfressen, wurde jetzt eine Verordnung erlassen, die den Abschuss der durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU geschützten Tiere erlaubt.

Tiere sind auch dumm, weil sie wie Fledermäuse Schwermetalle fressen und dann daran sterben. Die Schadstoffe aus der Industrie und Verunreinigungen von Kunstdünger in der Landwirtschaft reichern sich in deren Nahrungsketten an. Da kann man halt nichts machen.

Eine gute Nachricht gibt es doch: Im Tiergarten Schönbrunn ist ein erweiterter Streichelzoo eröffnet worden und man kann dort Zwergziegen, Hauskaninchen und Ouessantschafe betatschen.

Da sieht man, wie sehr wir die Natur lieben.

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