Der Frust ist groß
Die Ukraine und Moldau sind jetzt also EU-Beitrittskandidaten. Das ist gut und wichtig – aber zu wenig, um die kaputte Ost- und Balkanpolitik der EU zu reparieren. Denn es fehlt eine glaubhafte Mitgliedschafts-Vision.
Die Ukraine und Moldau feiern ihren EU Kandidatenstatus. Am Westbalkan hingegen ist der Frust groß. Auf den ersten Blick sind die Ergebnisse des Europäischen Rates letzter Woche tatsächlich sehr unterschiedlich ausgefallen. Die einen können zufrieden sein mit ihrem Einstieg in den EU Beitrittsprozess, der im Rekordtempo von der Bewerbung in nur wenigen Wochen zum Kandidatenstatus geführt hat. Die anderen haben allen Grund zu schmollen, weil sie leer ausgegangen sind: kein Kandidatenstatus für Bosnien; kein Start der Beitrittsverhandlungen für Nordmazedonien und Albanien; kein Beitrittsdatum für Montenegro; keine Visaliberalisierung für Kosovo.
Der Eindruck trügt. Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau war zwar ein sehr wichtiges Signal, dass sie eine Zukunft in einem demokratischen Europa haben, und damit auch ein klares Signal an Putin. Aber trotzdem war es in erster Linie eben ein Signal. Wenn sich der EU-Beitrittsprozess nicht grundlegend ändert, dann werden die Ukraine und Moldau bald ebenso im Frust versinken wie die Westbalkanstaaten.
Nordmazedonien machte den Schritt zum formellen Beitrittskandidaten, den die Ukraine und Moldau nun feiern, bereits 2005. Vor 17 Jahren! 2009 schlug die Europäische Kommission zum ersten Mal die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen vor. Das Land hatte alle Bedingungen hierzu erfüllt. Doch das ist bis heute nicht passiert. Zuerst blockierte Griechenland, dann Frankreich und die Niederlande, und nun Bulgarien – immer aus Gründen, die nichts mit europäischen Standards oder der Erfüllung von Beitrittskriterien zu tun hatten. Auch die „Aufhebung des bulgarischen Vetos“ letzte Woche ist eine Schimäre – Bulgariens inakzeptable Forderungen wurden einfach auf EU-Ebene gehoben.