„Mit tödlichen Grüßen“
Eine Ärztin behauptet, die Polizei habe sie durch einen unbedachten Tweet Corona-Leugnern zum Fraß vorgeworfen. Nun will sie Polizeischutz und erhält ihn nicht. Ein Lehrstück über Hass im Netz

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Lisa-Maria Kellermayr sagt am Ende des Gesprächs, sie habe nun ein paar neue Jobs angeboten bekommen. Gefängnisärztin etwa oder eine Ordination im Hochalpen-Ski-Resort Galtür. Die freundlichen Helfer stellen sich das dann offenbar so vor, dass sie ihre Praxis in Seewalchen am Attersee zusperrt, ihr Personal kündigt, die Patienten verabschiedet und in ein neues Leben durchstartet, befreit von der Angst vor all den Hassbriefen und Emails, etwa von „Claas, dem Killer“, der sie schlachten will, allerdings erst, nachdem er „die Wände der Ordination mit den Gehirnen Deiner Mitarbeiter gestrichen hat“.
Einfach woanders durchstarten: Ein Nachfolger für ihre Kassenverträge werde sich doch sofort finden, hat ein „Vize-Kuriensprecher“ der Ärztekammer in den Oberösterreichischen Nachrichten der Öffentlichkeit versichert. Die Öffentlichkeit hätte dann endlich eine Ruhe vor dieser „blöden Sau“, diesem „Systemschaf“, dieser „Kreatur im weissen Kittel“, wie sie in einschlägigen Telegram-Foren genannt wird. Dann würden Unbekannte auch nicht mehr vor ihrer Ordination stehen und hineinfotografieren oder sie heimlich aufnehmen, wenn sie Patienten über die Impfung informiert.
Und auch der oberösterreichische Polizeipressesprecher würde keine schweren Fehler mehr machen. Im Ö1-„Mittagsjournal“ sagte der Beamte vergangene Woche allen Ernstes, Doktorin Kellermayr wolle mit der Kritik an der Polizei doch nur „das eigene Fortkommen fördern“ und „in die Öffentlichkeit drängen“. Mit anderen Worten: ein mediengeiles Trutscherl.