Blattkritik
Der Stern bedient gedankenlos das Zerrbild von den Eliten, die feiern, während das Volk darbt

Foto: Faksimile Stern
Der deutsche Bundesminister für Finanzen, Christian Lindner (FDP), heiratet auf der deutschen Promi-Insel Sylt und schmeißt eine Drei-Tages-Party. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war eingeladen. Ja und?
Das deutsche Magazin Stern, das der Prominenz sonst gerne viel Platz einräumt, macht daraus eine Covergeschichte und illustriert sie, in guter, alter Politik-Magazin-Tradition, mit einer Zeichnung, die Politiker als Witzfiguren in einem vergoldeten Jet zeigt. Autor Walter Wüllenweber lässt in seiner recht kurz geratenen Covergeschichte wissen, dass er "ein echter Party-Pupser" ist und "auch sonst zieht ihn nichts nach Sylt". In den Zeilen dazwischen bedient er die gängigen Klischees von der abgehobenen "Politprominenz", die feiert, "während Deutschland Gas-Notstand und Rezession drohen". So wird sein Text in der Online-Version angeteasert. Dazu die Frage: "Ein Kalkül?"
Beim Lesen fragt man sich mehr, was das Kalkül des Stern war, diesen eher simplen Gedankengang zu einer Covergeschichte mit viel Emotion, aber wenig Fakten aufzublasen. Denn damit bedient das Blatt genau jene Ressentiments von den abgehobenen Eliten, die gegen das Volk regieren, die gerade von ultrarechten bis rechtsextremen Kanälen verbreitet werden (siehe auch Artikel Seite 30).