Gruppenkuscheln mit Autorin Sophie Passmann: "Damaged Goods"

MICHAEL PEKLER
Feuilleton, FALTER 29/22 vom 20.07.2022

Nola (Sophie Passmann, ganz links) und ihre Münchener Generation-Y-Clique (Foto: Prime Video/Marc Reimann)

Wer sich derzeit an einer Serie über Gruppenkuscheln, WG-Weintrinken und Notfall-Lasagne erfreut, sieht keine alten "Friends"-Folgen, sondern "Damaged Goods". Klingt ebenfalls amerikanisch, ist aber deutsch. Die beschädigte Ware bilden fünf Münchner Millennials, ihren Seelenschaden tragen sie seit Jugendtagen mit sich, als sie einander in der Psychotherapie kennenlernten. Weil man als Endzwanziger aber noch immer keine Familie hat oder sich generell vor festen Beziehungen fürchtet, bleibt die Schmerzensgemeinschaft bestehen. Externe Störfaktoren inklusive.

"Damaged Goods" ist das perfekte Beispiel dafür, wie eine handwerklich uninteressant gemachte Serie als interessant wahrgenommen wird, weil sie das Lebensgefühl jener Generation, die ihr Zielpublikum ist, abbilden möchte. Das liegt vor allem an Autorin und Podcasterin Sophie Passmann ("Alte weiße Männer"), die hier als "Küchenpsychologin" Nola - die Arbeit als Farbberaterin im Baumarkt ist ohnehin sinnstiftender als das unfreiwillig abgebrochene Studium - via Podcast ihre Gedanken, leider aber auch die Geheimnisse ihrer Clique preisgibt.

Diese ist holzschnittartig divers: Die PoC-Künstlerin werkelt im Glashaus neben Topfpflanzen, der schwule Steward möchte nicht als Sexobjekt wahrgenommen werden, der männliche Hetero-Macho kein solcher mehr sein, und die irgendwas mit Geld machende Spießbürgerin fürchtet sich vor dem Zusammenziehen mit ihrem einfältigen Freund, weil er zu ihr passt.

"Damaged Goods" könnte eine klischeebeladene Satire auf die Generation Y sein und will das irgendwie ja auch, gleichzeitig möchte diese Serie die Hoffnungslosigkeit ihrer Charaktere aber ernst nehmen. "Wie fucking größenwahnsinnig muss man als Millennial sein, in dieser seltsamen Welt einen Lebenstraum zu haben?", will Nola wissen. Man wird es auch in der sich abzeichnenden zweiten Staffel nicht erfahren.


Acht Episoden, auf Prime Video

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