Blattkritik
Unverschämt kühn: "The Audacity", der Newsletter der scharfzüngigen US-Autorin Roxane Gay
Identitätspolitik, psychische Gesundheit, Rassismus. Roxane Gay kennt man von ihren Kolumnen in der New York Times, in denen sie sich mit reflektierter Schärfe zu jenen Themen äußert, die zwischen Tabu und Aufreger oszillieren. Die 47-jährige US-Amerikanerin, deren Eltern aus Haiti stammen, ist zudem die Autorin mehrerer Bücher und Englischprofessorin, zuletzt an der Yale-Universität. Auf Twitter folgen ihr knapp 900.000 User, wenn Gay etwas sagt, wird es gehört.
Und dennoch setzt sie seit anderthalb Jahren auf ein Medium, das man ohne weiters als "Old School" bezeichnen kann: den E-Mail-Newsletter. "The Audacity", zu Deutsch "Kühnheit", aber auch "Unverschämtheit" heißen ihre wöchentlichen Schreiben, die man beim US-Anbieter Substack abonnieren kann. In der Gratisversion bekommt man eine wöchentliche Liste mit Lesetipps, garniert mit Gays schnoddrigen Kommentaren.
Was "The Audacity" besonders macht, ist, dass Gay ihre Reichweite nutzt, um Jungtalente zu fördern. Alle zwei Wochen gibt es eine Kurzgeschichte oder einen Essay von einer Nachwuchsschreiberin oder einem Nachwuchsschreiber; für die Veröffentlichung erhalten sie ein Honorar. In der aktuellen Ausgabe schreibt Tanya Llanas über Astronomie und ihre lateinamerikanische Herkunft. Lesenswert.