Insel der Seligen
Seit 50 Jahren ist die Donauinsel so viel mehr als Planschen, Radeln, SPÖ-Fest. Nämlich ein wilder Lebensraum für alles, was sonst in Wien wenig Platz hat. Ein Streifzug zwischen Thaipicknick, Männersex und Hippiepartys

Foto: Christopher Mavrič
Am einen Ufer Gregor Novotny, der mit Bierverbrauch gegen die friedliche Abendstimmung ankämpft: Noch einmal sammelt er seine Kräfte, um Radfahrern „Hurnkinda“ nachzurufen. Doch seine Schreie sind mit den Stunden auf der Insel irgendwie leidenschaftsloser geworden, eher noch ein pflichtbewusstes Fluchen, als müsse es halt einer tun.
Gregor Novotny wohnt im Jedlersdorfer Gemeindebau und arbeitet im AKH als Pflegehelfer. Doch schon ein Blick aufs rechte Bein eröffnet die wahren Leidenschaften seines 45-jährigen Lebens: die Austria-Wien-Badehose, das Koi-Karpfentattoo. Auf Kilometer 17,3 der Donauinsel ist Gregor Novotny heute der Mann mit der Fischerkarte.
Die Partie mit zwei Angeln besteht aus ihm, seinem Sohn, dessen Freundin, seinem Neffen und dessen Bekannten. Auch nach acht Stunden hat ihnen der Köder aus Teig, Hundetrockenfutter und Mais leider noch keine Hechte, Karpfen und Welse beschert. „Ich weiß auch nicht, was los ist“, sagt Novotny, bevor er wieder Zufallspassanten zurechtweist.