Blattkritik
Präsidentenwahldebatte im ORF: Bizarre Herrenrunde mit dem Versuch einer Einhegung
Das wird nicht einfach, so viel war klar. Sonntagabend traten die sechs aussichtslosen Kandidaten für die Hofburg in einem "Im Zentrum Spezial" im ORF gegeneinander an, moderiert von Claudia Reiterer. Die Redaktion hatte sich das Übliche einfallen lassen, um dem öffentlich-rechtlichen Anspruch gerecht zu werden.
Da wurde eingangs eine Straßenumfrage eingespielt, mit je einem Kritiker und einem Fan pro Kandidat. Polit-Blogger Gerald Grosz etwa erntete "Kasperltheater". Dann wurden die Bewerber auf ihr Wissen in Sachen Verfassungsrecht abgeklopft. Im Publikum saßen ein Verfassungsexperte und eine Politologin, gewissermaßen als Schiedsrichterinstanz. Einordnen, einhegen, in den Kontext setzen - das war die Absicht dahinter. Hier warfen sich die Juristen unter den Kandidaten, Tassilo Wallentin, Michael Brunner (MFG) und Walter Rosenkranz (FPÖ), ins Zeug. "Gouvernantenprüfung", keppelte Grosz.
Gut gelungen waren dann die Duelle zwischen jeweils zwei Kandidaten zu einem konkreten Thema. Da taute sogar der Schuhproduzent Heinrich Staudinger (Gea) auf und schimpfte Grosz einen Hetzer. Dominik Wlazny bekannte, er sei "Feminist". Am Ende blieb leider doch einiger Unsinn zum Thema Corona und Rassismus im Raum stehen, da hätte es noch eine redaktionelle Instant-Interventionsform gebraucht.