Wenig reden, viel sagen
Die neue Jahresausstellung "Mit und ohne Worte" im Zoom Kindermuseum zeigt die Kunst der Kommunikation

Das Kunstobjekt von Oliver Hangl ist mehr als ein Spielgerät: Die Kinder brauchen zum Wippen ein Gegenüber, eine eingezogene Wand versperrt ihnen aber die Sicht (Foto: Natali Glisic)
Zwei Mädchen wippen und lachen aus vollem Hals. Sie versuchen, sich in Balance zu bringen, können einander aber nicht sehen, denn eine eingezogene Wand versperrt den Blick. Die beiden merken schnell: Was man auf einer Seite tut, hat Folgen auf der anderen. Auch das ist Kommunikation.
Das Spielgerät des Konzept- und Medienkünstlers Oliver Hangl ist einer von rund 20 Beiträgen zur neuen Jahresausstellung "Mit und ohne Worte" des Zoom Kindermuseums im Museumsquartier. Eine weitere Mitmachstation hat der Wiener Musikact Kerosin95 gestaltet: Im abgedunkelten Clubraum können Kinder auf Trommeln gemeinsam jammen.
Ein raumeinnehmendes, durchsichtiges Rohrpostnetz wiederum befördert in Büchsen Botschaften. Wohin sie gehen? Je nach Wahl an Aliens oder Lokalpolitiker:innen. Auch eine überdimensionale Rutsche und zwei Hochstände sollen die Besucherschaft zwischen sechs und zwölf Jahren animieren, sich auf spielerische Art mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Kuratiert hat die Schau Andrea Zsutty. Die Kunsthistorikerin und Kulturvermittlerin gibt damit ihr Ausstellungsdebüt als neue Direktorin des Kindermuseums. Ein Jahr dauerten die Vorbereitungen.
"Wir machen kein Ritter-Drache-Prinzessin-Ding", erklärt die 48-Jährige, "sondern versuchen, gesellschaftlich relevante Themen aufzugreifen". In vergangenen Jahren kreiste im Zoom alles um "Tod","Flucht" oder zuletzt "Holz"; heuer geht es um Fake News, Medienkompetenzen, Sprachenvielfalt, Pantomime und Mimik.
Zu den Exponaten zählt auch eine Telefonzelle mit Tastenapparat. Die Anlage wurde von der Firma A1 gestiftet. Keiner der hauseigenen Techniker des Telefonanbieters sei mehr in der Lage gewesen, den ausrangierten Apparat zu programmieren, damit er für die Schau funktioniere. "Wir mussten selbst einen Experten finden, der das noch beherrscht", sagt Zsutty und zuckt mit den Schultern.
Ihr Büro liegt im Museumsquartier wie ein Adlerhorst schräg gegenüber dem Ausstellungsraum und den Ateliers. Da sitze dann ein Kind, beobachtet sie, flankiert von Mama, Papa, Oma, die es anfeuern: "Nun mach doch, sei doch einmal kreativ!"
Die Exponate werden mitunter bewusst so platziert, dass Eltern durch ihre Körpergrößen auf Barrieren stoßen. "Die meisten Kinder sind überbehütet", findet die Museumsdirektorin. Für die Kleinen müssen regelrecht Schlupfwinkel geschaffen werden, damit sie auch ohne Beobachtung einfach nur entdecken können. Möglichkeiten für gemeinsame Quality-Time beim Familienausflug gibt es aber natürlich auch.
140.000 Besucher und Besucherinnen zählt das Zoom für gewöhnlich pro Ausstellungsjahr. Die Vormittage im Museum sind von Schulklassen rasch ausgebucht. "Es gibt keine Wiener Volksschule, die nicht zu uns kommt", erzählt die Direktorin nicht ohne Stolz. Die Nachfrage übersteigt das Angebot.
Dem Museum geht es um das Erlebnis und um subtile Wissensvermittlung: Auf zehn Kinder kommt eine Person, die Kids in lebendiger Manier unterstützt. "Wir sind kein Indoorspielplatz", erklärt Zsutty ihre Entscheidung, die Besucherzahlen zu beschränken. Vor allem in den Medienworkshops, im Trickfilmstudio sowie im Metallatelier geht es nicht ohne die insgesamt 35 Vermittler:innen.
Ein Zehnjähriger spielt im Newsroom gerade Redakteur. Er folgt einer "heißen Info" aus dem Netz und will sie als Fake News entlarven. Gleichzeitig arbeiten sich nur wenige Meter weiter 20 Schüler und Schülerinnen im Metallatelier körperlich ab: An einer riesigen Skulptur hantieren sie mit kleinen Bohrmaschinen und Hämmern - Tätigkeiten, die jene Feinmotorik schulen, die sie durch Smartphones und Computer ein bisschen verlernt haben.
Das Trickfilmstudio ist dem Selbstverständnis nach ein Seismograf der Gesellschaft. In 90-Minuten-Workshops schaffen die Kleinen oft Werke, deren Inhalte die Großen umtreiben, aktuell etwa den Ukraine-Krieg oder Corona. Aber auch selbstkreierte Superheldenfiguren tauchen auf, die Erwachsenen Rätsel aufgeben.
Mit und ohne Worte.
Eine Mitmachausstellung zum Thema Kommunikation für Sechs- bis Zwölfjährige im Zoom Kindermuseum (Museumsquartier).
Di–Fr 8.30–16.45, Sa, So, Fei 9.15–17.15
Reservierung erforderlich!