Ohren auf

Herr Ober, da ist eine violette Wolke in meiner Consommé!

SEBASTIAN FASTHUBER
Feuilleton, FALTER 45/22 vom 09.11.2022

Quirlige Musik, assoziative Texte und ein Quäntchen Melancholie: Phoenix (Foto: Shervin Lainez)

Es ist Frühling in Paris. Hoppla, stimmt nicht. Dann ist etwas Komisches passiert. Die französische Popband Phoenix veröffentlicht mit "Alpha Zulu" (Glassnote) erstmals in fast 25 Jahren ein Album nicht im Lenz. Zweite Premiere: Mit Ezra Koenig (Vampire Weekend) ist in einem Song eine Gaststimme zu hören.

Müssen wir uns Sorgen machen? Iwo, die 2020 im Musée des Arts décoratifs im Louvre ertüftelte Musik hat alles, was Phoenix ausmacht. Es sind kleinteilige Stücke, bei denen jedes Rädchen magisch ins andere greift. Stilistisch entpuppt sich "Alpha Zulu" als bunter Abend mit Electro-Pop, Indierock aus der "Wolfgang Amadeus Phoenix"-Ära und mantrahaften Balladen. Die Texte schwanken zwischen Melancholie und rätselhaften Assoziationen ("There's a purple cloud in the consommé"), die Musik zaubert ein Lächeln auf die Lippen. Très beau.

Das kanadische Duo Junior Boys ist ähnlich lang aktiv, und Jeremy Greenspan und Matt Didemus könnten durchaus entfernte Verwandte sein. Ihr neues Album "Waiting Game" (City Slang) klingt wie das Ambient-Echo, das nach einem Phoenix-Song im Raum bleibt. War die Musik der Junior Boys immer schon zurückhaltend - höflicher Bedroom-Synthiepop, falls es dieses Genre gibt -, haben sie aus den neuen Songs jeglichen Dekor rausgeschmissen: Beats, überschüssigen Text, bisweilen auch Melodien. Mitunter sind nur ein, zwei Keyboard-Akkorde und ein Wabern zu hören, aber es ist genau das richtige Wabern. Freundlicher Geisterpop.

Die texanische Rockband Spoon steigt in die Fußstapfen von Massive Attack und Primal Scream. Studiotüftler Adrian Sherwood fertigte eine Dub-Version ihres Albums "Lucifer on the Sofa" an. "Lucifer on the Moon" (Matador) filtert die Gitarren weitgehend raus, groovt dafür amtlich und lädt zum Kopfnicken ein.

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