Phettbergs Predigtdienst

Wird es da so einen Bettvorleger geben?

Hermes Phettberg
Kolumnen, FALTER 48/22 vom 30.11.2022

Erste Lesung des ersten Adventsonntags im Lesejahr A (Matthäus): "Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg." (Jes 2,1-5)

Es war schon vor Jahren, als ich meinen Vata die einzige Träne je vergießen gesehen habe, gleichzeitig sah der herzliebe Max, dass wieder der Kastenwagen auf ihn wartete, und der Vata geleitete das Pferd hinein. Ich bild mir ein, ich sah den Max voller Freude in den Kastenwagen steigen, denn es dürfte so ein Kastenwagen gewesen sein wie der, in dem der Max damals ins Elternhaus gebracht worden ist.

Und da mein Vata herzensgut zu allen Tieren gewesen ist, setzte ihm der Abschied von Max sehr zu. Ich selber weiß ja gar nichts Weiteres, ob in diesem Lastauto der Tierarzt vielleicht schon auf den Max wartete, um ihm einen Todesschuss zu versetzen, oder vielleicht fuhr ihn der Wagen zum nächsten Bauernhof, der sehnsüchtig auf so ein liebes Tier wartete, oder wurde er nach Wien verfrachtet, wo der Max als Pferdeleberkäse serviert werden sollte?

Der Vata von der Mama, Herr Josef Widhalm, war verliebt in einen beigen Hund, und als der verstorben ist, fuhr der Großvater mit dem Zug nach Wien und bat einen Präparator, aus dem wunderbaren Fell des Tieres einen Bettvorleger anzufertigen. Den erbte dann die Poldi-Tant.

Die Poldi-Tant und die Mama waren Schwestern, und wie es halt so unter Schwestern ist, landete der Bettvorleger vor meinem Bett, als ich noch in Unternalb lebte. Solang ich bei meinen Eltern in Unternalb wohnte, bestieg ich das Bett, indem ich "feierlich" den Bettvorleger überquerte. Ich habe weder den Hund noch den Großvater je persönlich gekannt. Alles, was ich weiß von der Vergangenheit meiner Vorfahrys, reime ich mir nur aus den kargen Erzählungen meiner Eltern zusammen.

Aus meiner Vergangenheit hab ich sonst gar nichts mehr zu erzählen. Mit dieser Hilflosigkeit und ohne Bettvorlage betrete ich hiermit das neue Kirchenjahr 2022/23, das Lesejahr A, ein Matthäus-Jahr. Wenn wir das Jenseits dann betreten werden, wird es da so einen Bettvorleger geben? Oder einen Tierarzt, der uns "okragln" wird?

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