Die Last der unmenschlichen Erziehung

FALTER:Woche, FALTER:Woche 49/2022 vom 07.12.2022

Ein Bub im Pyjama fragt: "Soll ich Ihnen ein trauriges Lied singen?" Ein Kind erzählt: "Die Angst ist immer geblieben. Bis zum Schluss." Vier Kinder in Schlafanzügen sprechen Texte, die keine Kindertexte sind, aber von den Jüngsten der Gesellschaft handeln.

Als installative Arbeit erzählt "Heimweh" von Heimkindern im Österreich der 1950er-bis 1980er. Misshandlungen und Missbrauch prägten ihr Leben in den kirchlichen und städtischen Heimen. Gut werden konnte da später kaum etwas. Vier Stunden dauert der Theaterabend von Victoria Halper und Kai Krösche, bei dem sich das Publikum im passend trostlosen Gebäude der ehemaligen WU von Station zu Station bewegt. Schaukästen zeigen Fotos der Orte, an denen die Verbrechen stattgefunden haben: teils idyllische Prachtbauten samt wunderschöner Gärten.

Über Kopfhörer lauscht man Szenen, die das regieführende Kollektiv Darum nur als Schattenspiel zeigt. In schwarze Decken gewickelt steht man am Grab von M., der ein Heimkind und später obdachlos war. Die Kinder reichen einem Akten und lesen daraus vor. Diktiergeräte nehmen ihre Berichte auf. Historische Fernsehaufnahmen zeigen "Prachtexmeplare, die Lust auf ein Pflegekind" machen sollen.

Insgesamt eine respektvolle Annäherung an eine schrecklich wahre Geschichte.

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