„Die Hanni kannst schon zwei, drei Mal reden lassen“
Wie das Landesstudio Niederösterreich zum Sprachrohr von Johanna Mikl-Leitner und ihrer Partei wurde. Ein ehemaliger Mitarbeiter hat jahrelang mitgeschrieben. Dem Falter liegt das Protokoll vor

Robert Ziegler wurde 2015 ORF-NÖ-Chefredakteur, 2022 Landesdirektor. Mit dem Segen der Landeshauptfrau (Foto: APA/Helmut Fohringer)
Ich wurde vielfach angewiesen, Beiträge umzuschreiben oder umzuschneiden, weil diese zu ÖVP-kritisch waren oder Politikerinnen und Politiker der ÖVP unterrepräsentiert waren. ,Die Hanni kannst schon zwei-, dreimal reden lassen‘, sagte Ziegler wörtlich. Gewisse Personen, die nicht im OT (Original-Ton) waren, mussten ,hergezeigt‘ werden, also im Beitrag zu sehen sein. Mir wurde aber nicht nur vorgegeben, wer im OT vorkommen musste, sondern auch, mit welchem Inhalt, wobei derartige Vorgaben nicht als Anregung, Diskussionsbasis oder Wunsch zu verstehen waren, sondern klar war, dass es sich um eine Anordnung des Chefredakteurs handelte, die umzusetzen war.“
Die Person, die vergangene Woche diese Aussage in einem Besprechungszimmer im ORF-Zentrum auf dem Küniglberg in Wien-Hietzing zu Protokoll gab, ist sich des Gehalts ihrer Vorwürfe bewusst. Sie hat sich auf ihren Auftritt vor der Evaluierungskommission zum Fall des niederösterreichischen ORF-Landesdirektors Robert Ziegler gut vorbereitet, fast so, als wolle sie ein Kronzeuge sein. Auf zehn dicht beschriebenen Seiten, gegliedert in 28 Punkte, dokumentierte sie penibel, wie das „System Ziegler“ funktionierte. Das Protokoll liegt dem Falter vor, gemeinsam mit anderen internen Akten wie Mails, Chat-Nachrichten und Screenshots aus dem ORF-internen Redaktionssystem. Es ist ein Konvolut, ein Zeitzeugnis von Interventionen, Machtmissbrauch und pervertiertem journalistischem Verständnis.
Aber auch ein Bekenntnis der Mitschuld. „In meiner Zeit agierte ich als ,Erfüllungsgehilfe‘ von Ziegler und erteilte Kolleginnen und Kollegen Aufträge im Wissen, dass der Zugang zu den Geschichten unjournalistisch war bzw. die Kolleginnen und Kollegen nicht frei über die Gestaltung ihrer Beiträge entscheiden konnten.“ Das Redaktionsmitglied war über Jahre in einer zentralen Funktion im Landesstudio in St. Pölten tätig. Es gehörte zum „inneren Kreis“ Zieglers. Vorerst möchte es anonym bleiben, ist aber bereit, vor Gericht unter Wahrheitspflicht auszusagen, wenn das nötig sein sollte.