Good Old Hollywood Is Dead
Regisseur Damien Chazelle hat mit "Babylon - Rausch der Ekstase" statt eines Blockbusters einen Bauchfleck gelandet

Partytime! Nellie (Margot Robbie) ist neu in der Stadt und schon der Mittelpunkt des Geschehens (Foto: Constantin Film)
Nach einer halben Stunde ist die Luft draußen. Es scheint, als bräche der Film nach der großen Eröffnungsnummer, einer buchstäblich elefantösen Hollywoodparty, unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Die restlichen zweieinhalb Stunden zerfällt die Geschichte in notdürftig zusammengehaltene Episoden, die sich als Miniserie besser machen würden.
Die Rede ist von "Babylon", dem neuen Werk von Damien Chazelle, das diese Woche in den heimischen Kinos anläuft. In den Vereinigten Staaten kam der programmierte Blockbuster kurz vor Jahreswechsel heraus und wurde zum schlimmsten Bauchfleck der jüngeren US-Filmgeschichte. Ob der vieldeutige Titelzusatz "Rausch der Ekstase" daran noch etwas ändern wird?
Filmgeschichte von unten, vermutlich ist es das, was Chazelle mit seinem "epic period comedy-drama", angesiedelt im Hollywood der 1920er-Jahre, zu erzählen versucht. Die zwei Hauptfiguren sind Underdogs: Nellie LaRoy, eine selbstbewusste junge Frau aus New Jersey, die zum Film will, und Manny Torres, ein gewitzter mexikanischer Immigrant, der als Kellner arbeitet und sich Hals über Kopf in sie verliebt.
Beide machen Karriere, auf getrennten Wegen, wohlgemerkt. Nellie (Margot Robbie) lässt ihre Reize spielen und beweist richtig Talent vor der Kamera. Manny (Diego Calva) tritt bei einem Filmstar namens Jack Carter (Brad Pitt) in Dienst und macht sich rasch unentbehrlich.
Hollywood in den Roaring Twenties war ein Sündenpfuhl, laut, derb, korrupt. Aber hey, was für Bilder die dummen Streiche der Reichen hergeben! Orgiastisches Getümmel, ein Gschnas mit überlebensgroßen Pappköpfen und als Höhepunkt der Auftritt eines Elefanten.
Davor, danach und auch dazwischen: komische Momente von gross-out (Ekelkomödie), wenn sich das Rüsseltier erleichtert oder ein fetter Mann sich von einem Starlet anschiffen lässt und dieses wenig später leider ziemlich tot ist.
Von "La La Land" zum Lulu-Land, ließe sich die Entwicklung von Oscar-Preisträger Damien Chazelle bilanzieren. Wobei der ungelenk überdrehte "Babylon" um Längen interessanter misslungen ist als sein prätentiöses 2017er-Musical geglückt.
Einige der Episoden sind liebevoll gestaltet. Etwa der Dreh einer Szene mit Nellie, dem aufstrebenden Star am Firmament, die Tränen auf Kommando vergießen kann, wenn gewünscht auch nur mit einem Aug. Ein erstaunliches Talent, weshalb man endlos Variationen probiert, was schließlich dem Kameramann in seiner schalldichten "Sweatbox" zum Verhängnis wird.
Überraschendes zeitigen die Gastauftritte von Eric Roberts respektive Tobey Maguire: den Kampf mit einer Klapperschlange und den Abstieg in ein höllisches, an die Bilder der Folterkerker von Abu Ghraib erinnerndes Labyrinth, wo beklagenswerte Freaks die "letzte Party in der Stadt" feiern. Dagegen, so die Conclusio, waren die Exzesse der Traumfabrik immer nur Kinderkram.
Bei aller Buntheit und Liebe zum Detail ist der stärkste Eindruck, den "Babylon" hinterlässt, einer von Überlänge und Schwerfälligkeit. Der neunmalkluge Epilog, quasi das Markenzeichen des Regisseurs, drückt dem Ganzen noch ohne Not ein sentimentales, ärgerliches Ende auf.
Ab 19.1. in den Kinos (OmU im Gartenbau)