PETERS TIERGARTEN
Jahr natürlich
Peter Iwaniewicz ruft das Jahr der Artenkenntnis aus

Zeichnung: Georg Feierfeil
Der Jahresanfang ist noch nicht zu Ende! Das neue Jahr hat zwar begonnen, doch welche Schwerpunkte werden uns erwarten? Sie können sich unter einer Vielzahl von thematischen Jahres-Widmungen entscheiden: Die UN bieten das "Internationale Jahr der Hirse", weil es eine klimakrisensichere Ackerfrucht ist. 2023 ist auch das "Jahr des Hasen", wobei damit nicht eine fleischliche Ernährungsalternative, sondern das heurige Symbol des chinesischen Tierkreises gemeint ist.
Falls Sie mehr zu den kultur- als naturinteressierten Menschen gehören, dann sollten Sie wissen, dass vom Bund deutscher Zupfmusiker (doch, den gibt es) die Mandoline zum "Instrument des Jahres" nominiert wurde. Ich begrüße das, obwohl mir die Begründung, dass es sich dabei um die "Brückenbauerin unter den Instrumenten" handelt, als Sprachbild optimierbar erscheint. Zum Nachdenken gibt mir auch das Streuobst des Jahres: "Eiserner Kanzler" heißt die Pfirsichsorte, deren Qualität, "kernecht" zu sein, für diese Widmung durch die ARGE Streuobst ausschlaggebend war. Dieser Verein war bisher eigentlich unverdächtig, die Bundespolitik ironisch zu kommentieren.
In der Kategorie "Weichtier des Jahres" (nein, das hat auch nichts mit Politik zu tun) wurde die Nominierung der Posthornschnecke, einer Wasserschnecke in sauerstoffarmen Gewässern, aus dem letzten Jahr nur verlängert. Das wirkt ein bisschen einfallslos, da es doch immerhin 442 Arten von Muscheln und Schnecken in Österreich gibt, von denen einige sicher mehr öffentliche Wahrnehmung verdient hätten. So zum Beispiel die Kleine Flussmuschel (Unio crassus), die noch im 19. Jahrhundert mit Mistgabeln aus den Flüssen wie dem Kamp geschaufelt und dann an Enten und Schweine verfüttert wurde. Heute ist sie eine aussterbende Art. Auch gibt es 60 endemische, also nur in Österreich lebende Arten, deren Vorkommen oft auf eine einzige Quelle oder ein unterirdisches Karstgewässer eines Gebirgsstocks beschränkt ist. Die winzige Quellschnecke Bythinella cylindrica könnte man ganz unwissenschaftlich als "süß" bezeichnen. Millionen von Individuen kamen noch vor einigen Jahrzehnten beim Antoniusbründl bei Pottenstein vor. Dann wurde die Kapelle renoviert und die Felsspalte der Quelle zu einem Loch von drei Metern Durchmesser ausgesprengt. 2007 wurde dann nur mehr ein einziges Exemplar gefunden.
Übrigens: Heuer ist auch das Europäische Jahr der Kompetenzen zur Förderung lebenslangen Lernens. Wie wäre es mit einem Kurs zur Artenkunde und Tierbestimmung?