Ein toxisches Gemisch aus Liebe, Zucht und Erbauung
Georg Friedrich Haas' schonungsloser Blick auf eine Familie, in der die Fahne des Nationalsozialismus hochgehalten wurde
Zu beweisen, dass wir keine Verbrecher waren", diese von der Mutter formulierte Lebensaufgabe kann und will Georg Friedrich Haas nicht erfüllen. In den von Daniel Ender und Oliver Rathkolb herausgegebenen "Memoiren eines Nazibuben" arbeitet sich der wohl bedeutendste österreichische Komponist der Gegenwart an der politischen Last ab, die ihm seine Familie aufgebürdet hat. Mit Ausnahme einer "unpolitischen" Großmutter waren sie allesamt Nazis - von Anfang an, ja eigentlich schon in einer Zeit, als es die noch gar nicht gab: Da hießen sie "Großdeutsche" und brachten das Turnerwesen zum Blühen. Dementsprechend das Schuldenkonto aus der Zeit der Diktatur: Je höher die Position des Einzelnen, desto schwerer wog es.
Großvater Fritz Hahn, vielbeschäftigter Architekt im Kraftwerksbau und Rektor der TU Wien, stach dabei hervor, in seinem Berufsalltag nahm er die unmenschliche Behandlung der Zwangsarbeiter an den Baustellen als kriegsnotwendig ohne Wimpernzucken hin. Privat schreckte er auch vor Denunziation und damit verbundener Bereicherung nicht zurück. Fast schlimmer noch die Traditionsfortschreibung in der Nachkriegszeit: Nach dem "Zusammenbruch", wie es in diesen Kreisen hieß, sah man sich als Opfer der Siegermächte, langsam wurde unter Duldung, ja Mitwirkung des offiziellen Österreichs aus den "Anständigen", der Elite des "Dritten Reichs", das "Dritte Lager".