Vom Sterben im Schweben
Dževad Karahasan legt einen großen Roman über Krieg und falsch verstandene Freiheit vor
THEATER Kritik
In einer von Johann Nestroys bösesten Possen, verfasst unter dem Eindruck der Revolution 1848, hält ein junger Gefängniswärter einen Richter für den Teufel. Aus lauter "Höllenangst" verhilft er einem Paar zum Liebesglück und rettet das Vermögen der Braut vor deren bösem Vormund (es ist kompliziert).
Für seine moderne Adaption versetzt Autor und Regisseur Bernd Liepold-Mosser die Handlung in einen "virtuellen" Raum aus Nullern und Einsern. Den Text flutet er mit Schlagwörtern des digitalen Lebens, vom ASCII-Code bis zum "Windows-Mann", der hier den vermeintlichen Teufel ersetzt (er erscheint nämlich im Fenster - wie gesagt: kompliziert). Das führt zu zackig inszenierten, aber (bewusst) sinnfreien Dialogen, die nur in einzelnen Fällen so deppert sind, dass man schon wieder darüber lachen muss. Bestens gelingt die Überschreibung dort, wo sie gesungen wird: Immer wieder versammelt sich das Ensemble zum Chor und trällert eine trashige Mixtur aus Nestroy-Sprache, Folklore und Anglizismen, die der von der Band Naked Lunch bekannte Musiker Oliver Welter in Kärntnerlied-Persiflagen gegossen hat.
Welter selbst begleitet den Abend vom Rand aus live an der E-Gitarre. Das fetzt. Davon abgesehen regiert die Erkenntnis: Man muss nicht alles digitalisieren.