Ein Jahr Klimt-NFT: Wie das Belvedere am Valentinstag 2022 die Kunstliebhaber narrte
Die Kulturkritik der Woche
"Komm für einen Kuss!" So bewirbt das Belvedere eine Aktion, die am Valentinstag im Museum stattfindet. Paare können sich vor Gustav Klimts Gemälde "Der Kuss" professionell fotografieren lassen. Finanziell riskieren die Liebenden weniger als am Valentinstag 2022, als die Einrichtung zu einer "digitalen Liebeserklärung" aufrief.
Das Belvedere präsentierte damals ein "einzigartiges NFT-Projekt". Klimts "Kuss", eine Ikone der romantischen Liebe, wurde in 10.000 "unverwechselbare" Einzelteile zerlegt. Non-fungible tokens (NFTs), ein Produkt der Blockchain-Technik, waren damals in aller Munde, und so dachte sich das Museum, es könnte im digitalen Hype mitschwimmen.
Der virtuelle Kuss wurde zum Stückpreis von 1850 Euro (0,65 ETH) angeboten -und tatsächlich in großer Zahl verkauft. Ein Viertel der NFTs ging weg und spülte 4,4 Millionen Euro in die Kassen. Doch die Teilhabe an dem berühmten Kunstwerk erwies sich als Bauchfleck, der die Seriosität des Bundesmuseums infrage stellte. Klimt-Fans haben bei dem einzigartigen Nepp viel Geld verloren.
Die Belvedere-Aktion war ein klassischer Schildbürgerstreich. Die Käufer konnten mit ihrem Schnipsel nichts anderes machen, als das Bildfragment auf ein T-Shirt zu drucken. Dann stürzten die Preise auf dem NFT-Markt parallel zum Verfall der Kryptowährungen insgesamt ab. Vorher war in den Medien von Millionenpreisen für digitale Kunstwerke die Rede, nun war die heiße Luft oft keinen Cent mehr wert. Ein Jahr später kostet das Klimt-NFT nicht mehr 1850 Euro, sondern wird um etwa 450 Euro verkauft. Die Aktivitäten auf dem virtuellen Marktplatz gehen gegen null. Also aufgepasst: Liebe kann blind machen.