Corona: Versöhnen? Vielleicht. Vorher jedenfalls aufarbeiten
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) haben eine "Corona-Versöhnungskommission" angekündigt, die um Ostern herum einen "Dialogprozess" in Gang setzen soll. Wie und mit wem genau, sagten sie bei der Präsentation noch nicht, aber die "Tonalität" war jedenfalls verständnistriefend.
Einmal abgesehen von dem seltsamen Wort "Versöhnungskommission", das man sonst nur aus zerrütteten Bürgerkriegsländer wie Südafrika oder Ruanda kennt: Dass Österreichs Regierung - so wie andere Staaten auch - einen selbstkritischen Blick zurück auf die Pandemiezeit werfen will, ist prinzipiell lobenswert. Eine umfassende Aufarbeitung steht noch aus, der Angriffskrieg Wladimir Putins hat vieles überlagert.
Waren die umstrittenen Schulschließungen wirklich nötig? Nicht wirklich, wissen wir inzwischen. War die gesetzliche Impfpflicht ein Fehler? Eindeutig, und niemand will inzwischen in dieser dunklen Nacht am Tiroler Achensee 2021 dabei gewesen sein, in der sie erfunden wurde. Hätte man Pflege-und Altersheime besser schützen können? Ja, spätestens ab Herbst 2020 greift hier die politische Verantwortung. Was haben die Lockdowns am Ende wirklich gebracht? Darüber streitet sich die Wissenschaft. Wer hat am Masken-, Test-und Impfmarathon verdient? Welche Unternehmen wurden überfördert? Auffällig oft solche mit guten Beziehungen zur Regierung. Wo hat die Politik versagt? Offensichtlich in ihrer Krisenkommunikation. Wo wir Medien? Immer dann, wenn wir zu regierungshörig waren, und das waren wir leider viel zu oft.