Das Symbolische, das Psychologische, das Politische: Tricky Women/Tricky Realities

FALTER:Woche, FALTER:Woche 9/2023 vom 01.03.2023

Auf der Flucht vor den Nazis verkroch er sich in einem Schweinestall. Als seine Verfolger das Gebäude durchsuchten, stellte sich eines der Tiere schützend vor sein Versteck. Nun, als alter Mann, erzählt der Holocaust-Überlebende seine Geschichte in Schulen. Ein zuhörendes Mädchen versinkt in einen Tagtraum, in dem das Schwein herumgeistert -als überdimensionales Monster ebenso wie als schutzbedürftiges Wesen.

"Letter to a Pig" der israelischen Filmemacherin Tal Kantor ist ein meisterliches Werk des Symbolischen: Als Mischung aus fotorealistischen Schwarz-Weiß-Bildern und Zeichnungen behandelt es die Themen kollektives Trauma, Zugehörigkeit, Abwehr und Akzeptanz gegenüber der Vergangenheit.

Die kleine Form des animierten Kurzfilms, häufig mit riesigem Arbeitsaufwand und viel Herzblut realisiert, deckt eine inhaltliche Bandbreite wie kaum eine andere Filmsorte ab. Dieser Vielfalt widmet sich alljährlich das Festival Tricky Women/Tricky Realities, das das Animationsfilmschaffen von Frauen und/oder genderqueeren Künstler:innen beleuchtet. Vom 8. bis 12. März präsentiert es in vier Wiener Locations sowie online auf der eigenen Festivalplattform 172 Filme in 17 Programmen.

Da finden sich psychologisch komplexe Werke wie "Beware of Trains" der Britin Emma Calder, der eine Retrospektive gewidmet ist. Von Dunkelheit überschattete Familiengeschichten wie "It's All the Salt's Fault" von María Cristina Pérez, der in einem Lateinamerika-Schwerpunkt gezeigt wird. Die kapitalismuskritische Knetfigurenfabel "Money and Happiness" von Ana Nedeljković und Nikola Majdak (im Programm "Work Affairs") oder der Protestgesang "Holladio hods gsogt" wider die Misogynie von Sarah Braid (im Programm "Österreich Panorama").

Ein dreiteiliger Schwerpunkt rückt Schweizer Animationsfilme in den Fokus, als einziger Langfilm ist Signe Baumanes "My Love Affair with Marriage" zu sehen. Vorträge, Gespräche und eine Ausstellung ergänzen das Programm.

8. bis 12.3. im Gartenbaukino (Eröffnung) sowie Metro Kinokulturhaus, Brunnenpassage, Stand 129, Onlineplattform

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