Es ertönt Musik voll Pracht aus den Kellern der Nacht
Österreich war lange Rock-Entwicklungsland. Dann kam der Austropop, der aber leider provinziell müffelte. Das ist zwar gleich doppelt falsch, galt aber lange Zeit als Kritikerwahrheit. Dann tauchte vor rund 15 Jahren Al Bird Sputnik mit seinen Trash Rock Archives auf - und stellte dieser popkulturellen Ignoranz eine ganz neue Erzählung gegenüber: Mit seiner Sampler-Reihe "Schnitzelbeat" (Konkord) präsentiert er eine rauschende subkulturelle Vielfalt österreichischer Musik, die im einschlägigen Kanon zuvor kaum bis gar nicht beachtet wurde.
Ganz ohne Fördermittel erkundet der Wiener Journalist und Doit-yourself-Historiker die heimische Musikgeschichte ab 1945; er sammelt Unmengen an Materialien und ist heute der Experte für alle Ö-Pop-Nischenfragen. Eigentlich gebührten ihm längst der Professorentitel und ein gut dotiertes Forschungsinstitut; die Realität ist eine andere. Den ökonomischen Umständen zum Trotz präsentiert Sputnik nun die erneut eindrucksvolle dritte "Schnitzelbeat"-Compilation. Sie enthält lokalen Pop der Hippie-Ära -Beat, Folk, Progressive Rock und allerlei Antikriegslieder aus den Jahren 1967 bis 1973 -, versehen mit so schlauen wie kurzweiligen Erläuterungen. Den Pokal für die irrste Nummer, die kaum wer kennt, gewinnt Rocky F. Holicke mit dem Spacerock-Monster "Ready for Take-off".
"Schnitzelbeat Vol." 5 dürfte dann auch Ronnie Urini enthalten, eine Schlüsselfigur im Wiener Punk der ersten Stunde, die später zur Rocklegende von eigenen Gnaden und zu einem großen Gschichtldrucker mutierte. Als Ronnie Rocket &die letzten Raketen legt er jetzt das (Vinyl-)Album "Zurück in den Kellern" (Blind Rope) vor. Die B-Seite enthält einige seiner wunderbar anämischen alten Antihits. Die breitbeiniger gerockte A-Seite zeigt, dass es dem Subkultur-Opi nach wie vor Spaß macht.