Egal, ob er feinfühlig war

Ein Mann tötet eine Frau. Trotzdem berichtet die Kronen Zeitung von der feinfühligen Art des Tatverdächtigen. Warum das ein Problem ist

Daniela Krenn
MEDIEN, FALTER 10/23 vom 07.03.2023

Er war feinfühlig und nie aggressiv“, titelte die Kronen Zeitung am 14. Februar 2023. Darunter ein Bild, das nicht zum Titel gehört. Es zeigt einen Mann und eine Frau, die Blumen in der Hand hält. Ein Valentinstagspärchen. Es war ein besonders skurriles Text-Bild-Angebot, das die Krone ihrer Leserschaft da vorstellte. Der Titel nämlich gehört zur Geschichte einer toten Frau, mutmaßlich erschlagen von ihrem Freund. Aber das ist nicht das einzige Problem in dieser Ausgabe. Denn der Artikel gibt nur Aussagen der Angehörigen des Tatverdächtigen wieder.

Dass Medien und insbesondere der Boulevard immer wieder verharmlosend über männliche Gewalt gegenüber Frauen berichten, ist nicht neu. Der Presserat verurteilte in den vergangenen Jahren 29 von 79 gemeldeten Artikeln, die gegen die Richtlinien des Ehrenkodex für die österreichische Presse verstießen. Die Quote liegt damit viel höher als bei anderen Themen. Normalerweise verurteilt der Presserat nur rund zehn Prozent der gemeldeten Berichte. Was braucht es, damit sich das ändert?

Der Krone-Artikel auf den Seiten 14 und 15 liest sich jedenfalls so: „Fassungslos, ratlos nach Erklärungen suchend und in Gedanken beim Sohn und Enkerl“ sitzen die Angehörigen von Samuel Z. in der „kargen Stube der Oma“. Kurz zuvor haben sie von der Polizei erfahren, dass Samuel unter Mordverdacht steht. „Ja, die psychischen Probleme waren bekannt, Samuel war im Langzeitkrankenstand, wollte auf Mechaniker umlernen.“ Und weiter: „Aber er war nie aggressiv, immer feinfühlig und fürsorglich.“ Auch Samuels Anwalt kommt zu Wort: „Es liegt eine diagnostizierte Schizophrenie vor, die auch behandelt wird.“ Sie könne eine Erklärung „für den tödlichen Ausraster“ sein.

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