Sind wir wieder gut? Die Corona-Bilanz
Vor drei Jahren zwang die Regierung das Land in den ersten Lockdown. Schulschließungen, Massentestungen, Impfpflicht und Maskentragen prägten und spalteten die Gesellschaft auf der ganzen Welt. Karl Nehammer will nun die Österreicher mit dieser Ära versöhnen. Zeit, die Corona-Politik rückwirkend zu analysieren, Studien auszuwerten und Fehler aufzuspüren. Wo hat die Politik versagt, wo die Medien? Eine Bilanz

Foto: Christopher Mavrič
Es war der größte Eingriff in den Alltag der Menschen – zumindest in jenen Ländern, die seit Jahrzehnten keinen Krieg erleben mussten. Kein Ereignis hat die Gesellschaft so umfassend geprägt wie die Covid-19-Pandemie. Das öffentliche Leben stand still, Schulen, Betriebe, Geschäfte, Restaurants schlossen. Nur „systemrelevante“ Infrastruktur durfte weiterleben. Soziale Kontakte mussten so weit wie möglich reduziert werden.
Auch wenn die „Ausgangssperren“ rechtlich nie allumfassend waren, blieb bei vielen das Gefühl, der Staat hätte sie in ihren persönlichen Freiheiten massiv und grundlos verletzt. Familien, allen voran Frauen, verzweifelten an Homeschooling neben dem Homeoffice. Die Regierung sperrte die Bundesgärten zu, was Wienerinnen und Wienern noch weniger Freigang im Grünen ermöglichte. Experten fantasierten von 100.000 Toten, andere von einer „Zero Covid“-Strategie, um das Virus ganz zu ersticken. Es grassierten Blockwartmentalität und Doppelmoral. Jugendliche wurden als „Gefährder“ abgestraft, wenn sie sich am Stephansplatz verabredeten und in Gruppen zusammenstanden. In Altersheimen mussten Menschen einsam sterben, weil die Angehörigen nicht vorgelassen wurden. Skifahren war erlaubt, Vereinssport nicht.