„Die Sitten sind verdorben“
Der Wiener Chefankläger wird angeklagt und freigesprochen, obwohl er vor dem U-Ausschuss die Unwahrheit gesagt und Akten gegen die WKStA hinausgespielt hat. Der Fall Johann Fuchs mäandert zwischen Posse und Staatsaffäre
Der 78-jährige Gert Schmidt am Montag im Strafgericht. Er wisse nicht, warum ihm die U-Ausschuss-Aussage zum Redigat vorgelegt wurde (Foto: Florian Klenk)
Am Montag entfaltet sich im Saal 206 des Straflandesgerichts ein episches Theater. Zwei Geschichten spielen im selben Raum: Vorne ein scheinbar profaner Streit über Chatnachrichten und Raststationstreffen, wo einander zweifelhafte Figuren konsequent "Herr Kommerzialrat" oder "Herr Professor" nennen. Sie alle sitzen hier, weil der Ex-Sportler und Novomatic-Partner Peter Barthold erzählte, dass ihn der dubiose Novomatic-Lobbyist Gert Schmidt für Falschaussagen zahlen wollte.
Spannender ist die zweite Geschichte im Saal. Die Bedeutung dieses Prozesses zeigt ausnahmsweise der Blick auf die Zuschauerbänke. Dort sitzt, zwischen Reportern und Ex-BVT-Informanten, ein wohlfrisierter Mann von 42 Jahren mit Fußfessel ums Gelenk. Es ist Julian Hessenthaler, dessen Ibiza-Video 2019 die Regierung stürzte und der nach einem Drogenprozess kürzlich das Gefängnis verließ. Er sei "aus Interesse" hier, sagt er, und das ist groß.
Denn auch in seinem Fall haben Zeugen Geld von Gert Schmidt bekommen.