Anatomisches Theater um Angelo Soliman
Nach Stücken zu Freud und Wittgenstein widmet sich das britische Regie-Duo Dead Centre (Ben Kidd, Bush Moukarzel) auch in seiner dritten Arbeit für das Burgtheater einem Wiener Stoff: der Geschichte des austro-afrikanischen Sklaven Mmadi Make.
Der hochbegabte Mann machte als Angelo Soliman im höfischen Wien des 19. Jahrhunderts Karriere; nach seinem Tod wurde sein Körper präpariert und als Kuriosität ausgestellt, Solimans Tochter Josephine intervenierte vergeblich dagegen.
Diesem exemplarischen Fall von rassistisch-kolonialistischer Praxis nähert sich Dead Centre in "Katharsis" aus zwei Richtungen. Als formalen Rahmen wählen die Regisseure die Sektion eines Körpers, jeder Akt ist einem Organ -Herz, Lunge, Darm, Haut - gewidmet; inhaltlich erklären sie Josephine zu einer schwarzen Antigone.
Während auf der Ebene des anatomischen Theaters gelegentlich die aus den früheren Arbeiten der Gruppe bekannte Lust am Spiel mit Genres und Perspektiven aufblitzt, sind die darin eingebetteten Spielszenen weit von Akademietheater-Niveau entfernt. Die "Antigone"-Zitate wirken hölzern, die fiktiv-historischen Passagen, in denen Josephine dem Kaiser oder Solimans Logenbruder Mozart begegnet, papieren. Am Ende ist der Leichnam wieder zu - und viele Fragen offen.