Küchenschlacht mit Bobos: Am Crémant sollt ihr sie erkennen!
Pfiffig, auch boshaft - und manchmal beides gleichzeitig: Das kann in der heimischen Gegenwartsliteratur so nur Teresa Präauer. Ihr neuer Roman mit dem wunderbaren Titel "Kochen im falschen Jahrhundert" ist ein echter Coup.
Setting und Ausgangslage sind simpel: Eine Frau und ihr Freund laden zum Abendessen ein. Präauer macht daraus eine funkelnde Gesellschafts- und Zeitkomödie mit scharfem Witz und dunklen Untertönen.
Es beginnt damit, dass sie den Teilnehmenden an der Abendgesellschaft keine Namen zugesteht. Diese heißen "die Gastgeberin" und "der Partner der Gastgeberin","die Ehefrau" und "der Ehemann"(das befreundete Paar) sowie "der Schweizer" (er kommt allein, seine Freundin muss arbeiten). Sie sind wandelnde Klischees und exzellent getroffen.
Eine oft gehörte Regel besagt, Autorinnen und Autoren müssten ihre Figuren lieben, um fesselnde Bücher schreiben zu können. Präauer hat einen anderen Zugang, sie betrachtet sie lieber mit bösem Blick und entlarvt dadurch die Lebenslügen der Bobos.
Die Gastgeberin ist in Wahrheit von Ängsten zerfressen und ihre tolle Wohnung ein ewiges Provisorium. Das Leben der Ehefrau und Mutter sieht nur auf Social Media perfekt aus. Der Schweizer kommt mit den ständig wechselnden Begrifflichkeiten und den jungen Leuten, die er an der Uni unterrichten soll, nicht mehr mit. Achtung: Wer über sie lachen muss, lacht auch über sich selbst.
Der vom Algorithmus makellos ausgewählte Jazz-Soundtrack begleitet den Abend und kommentiert die Fettnäpfchen, in die zuverlässig alle steigen. "Kochen im falschen Jahrhundert" ist aber auch ein enorm sinnliches Buch übers Essen, über die Zubereitung, Aufnahme und fotografische Dokumentation von Nahrung, über die Erinnerung an unvergessliche Genüsse und erste Eindrücke von Speisen.
Also dann: Wir treffen uns in der Küche. Zum Anstoßen gibt es Crémant - was sonst?
Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert. Wallstein, 198 S., € 22,70